Literaturepoche Biedermeier (Seite 2)

Mörikes Lyrik ist von einer erstaunlichen stilistischen und thematischen Vielfalt. Texte von klassischer Strenge (darunter Auf eine Lampe mit der berühmten Schlußzeile: »Was aber schön ist, selig scheint es in ihm selbst«) stehen neben anderen voller romantisch entfesselter Leidenschaft (Peregrina-Zyklus, Ein Stündlein wohl vor Tag); mythisch-geheimnisvolle (Gesang Weylas) neben Liedern und Balladen im echten Volkston (Er ists [»Frühling läßt sein blaues Band ...«], Der Feuerreiter), heiter-besinnliche (Scherz, Jedem das Seine) neben ausgesprochen modernen Nonsense-Texten (den Wispeliaden oder Sommersprossen von Liebmund Maria Wispel, 1837).

Das Musikalische seiner Gedichte – nicht umsonst ist Mörike einer der meistvertonten deutschen Dichter – und die eigenständige, präzise Handhabung des traditionsbeladenen Sprachmaterials verleihen seinem poetischen Werk einen über das Epochale hinausweisenden Wert; Texte wie Um Mitternacht, An einem Wintermorgen, vor Sonnenaufgang, Ein Tännlein grünet wo oder An eine Äolsharfe gehören zu den unumstrittenen Höhepunkten deutschsprachiger Lyrik.

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