Literaturepoche Von der Jahrhundertwende bis 1933 (Seite 8)

Eine Sonderstellung in jeder Beziehung nimmt Franz Kafka (1883–1924) ein. Gelegentlich dem Expressionismus zugerechnet, zu dessen Vertretern er allerdings keine Verbindung hatte, steht sein Werk monolithisch in der Literaturlandschaft nicht nur des ersten Viertels des 20. Jahrhunderts und bleibt ein literaturhistorisch nicht einzuordnendes, völlig autonomes Phänomen.

Unter den in Prag wirkenden Schriftstellern sind neben Kafkas Freund und Nachlaßretter Max Brod (1884–1968), der u.a. den Roman Tycho Brahes Weg zu Gott (1916) verfaßte, die heute weniger bekannten Willy Haas (1891–1973) und Johannes Urzidil (1896–1970) zu nennen; größere Bedeutung hatte Ernst Weiß (1884–1940), ebenfalls mit Kafka befreundet, dessen expressionistisch gefärbten Romane und Erzählungen (u.a. Die Galeere, 1913; Georg Letham, Arzt und Mörder, 1921) sich mit den Schattenseiten menschlicher Triebhaftigkeit auseinandersetzten.

In der Reihe der großen Prager Schriftsteller darf Franz Werfel (1890–1945) nicht fehlen, der ein formal und inhaltlich äußerst breitgefächertes Œuvre schuf. Er hatte mit Lyrik ganz unter dem Zeichen des Expressionismus begonnen, schrieb eine Reihe von Dramen (u.a. Spiegelmensch, 1920; Paulus unter den Juden, 1926), um sich schließlich dem Roman zuzuwenden, nachdem bereits 1920 seine berühmte Erzählung Nicht der Mörder, der Ermordete ist schuldig erschienen war. Es folgten neben anderen Verdi. Roman der Oper (1924), Der Tod des Kleinbürgers (1927), Der Abituriententag (1928) und Die vierzig Tage des Musa Dagh (1933), sein wichtigstes Werk.

Auch Stefan Zweig (1881–1942) läßt sich keiner literarischen Strömung zuordnen. Der Schwerpunkt seines Werkes lag im nicht-fiktionalen Bereich: seine biographischessayistischen Bilder großer Literaten, seine Biographie Marie Antoinette (1932) und seine Sternstunden der Menschheit. Historische Miniaturen (zuerst 1927, später mehrmals erweitert) begründeten seine Popularität mehr als seine Novellen – mit Ausnahme der späten Schachnovelle (1941), die als Meisterwerk ihrer Gattung gelten kann.

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