Interpretation "Mutter Courage und ihre Kinder" von Bertolt Brecht (Seite 3)

Die Hauptfigur

Die zentrale Figur der Mutter Courage ist die Figur, in der alle Widersprüche zusammenlaufen und die genau die unmenschliche Situation des Krieges verteidigt, die auch ihr das Liebste genommen hat – ihre drei Kinder. Und das, obwohl sie selbst davon überzeugt ist, für ihre Kinder nur das sprichwörtliche Beste zu wollen. Dabei steht die Mutter der Marketenderin zuweilen arg im Weg; zumeist aber setzt sich die Marketenderin durch und sucht zuerst den geschäftlichen Vorteil, bevor sie sich auch als Mutter zu erkennen gibt. So muss sie sich immer wieder entscheiden zwischen dem Geschäft und den Menschen um sie herum, und verliert diese immer wieder zugunsten des Geschäftes aus den Augen. Nur wenige Male nimmt sie eine kritische Haltung an, die aber immer nur von kurzer Dauer ist, denn zu sehr ist sie getrieben von ihrem Überlebensdrang und der Gier nach dem Geschäft mit der Not, der sie selbst auch ausgesetzt ist.

Als eines der zentralen Motive für die Figur der Courage steht bezeichnenderweise das „Lied von der großen Kapitulation“, in dem Hoffnung und Zuversicht im täglichen Kampf um das eigene Überleben untergehen.

Heißt es zu Beginn noch jugendlich-trotzig: „Alles oder nix, jedenfalls nicht den Nächstbesten, jeder ist seines Glückes Schmied, ich laß mir keine Vorschriften machen!“, so lernt Courage mit der Zeit, sich an die herrschen Regeln und Gesetze anzupassen: „Man muß sich stelln mit den Leuten, eine Hand wäscht die andre, mit dem Kopf kann man nicht durch die Wand...“

In der subtilen Abwandlung der Redewendung „Der Mensch denkt, Gott lenkt“, die die Existenz Gottes voraussetzt, wird im Refrain des Liedes daraus der menschliche Irrtum per se:

„Der Mensch denkt: Gott lenkt.

Keine Red´davon.“

Damit kann der Mensch gerade nicht auf göttlichen Beistand hoffen, sondern ist im Gegenteil auf sich, und nur auf sich allein gestellt.

Was aber lernt nun Mutter Courage aus ihren Erfahrungen? Nichts – so die lapidare Antwort.

Courage ist am Schluss die, die sie bereits am Anfang war, nur ohne Kinder. Doch wenn schon Mutter Courage nichts gelernt hat aus dem ganzen Elend, dann soll wenigstens das Publikum etwas daraus lernen und sich Mutter Courage als Beispiel nehmen – als schlechtes.

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