Interpretation "Der hessische Landbote" von Georg Büchner (Seite 2)

Da sich keines der Manuskripte erhalten hat, lassen sich der jeweilige Anteil Büchners und Weidigs am Text nicht mit endgültiger Sicherheit bestimmen. Dem aktuellen Forschungsstand nach ist die erste Hälfte als von Büchner stammend anzusehen, während der Rest ab der Stelle "Das alles duldet ihr, weil euch Schurken sagen: 'diese Regierung sei von Gott'" Weidig (der hier möglicherweise Ideen aus Büchners Manuskript verarbeitet) zuzuschreiben ist.

Wie auch aus der Einschätzung in späteren Prozessakten hervorgeht, nimmt Der hessische Landbote eine Ausnahmestellung unter den politischen Flugschriften seiner Zeit ein. Das ist eindeutig Büchners Verdienst: Als einer der ersten löst er sich von bürgerlich-liberalen Positionen und stellt die ökonomischen Verhältnisse als die fundamentale Ursache der politischen Unfreiheit dar. Trotz der Abschwächungen durch Weidig und Eichelberg wird im Hessischen Landboten sein aus der Auseinandersetzung mit den französischen utopischen Sozialisten (Saint-Simon, Fourier, Babeuf) gewonnener frühkommunistischer Ansatz deutlich erkennbar. Mit derartiger Radikalität hat vor dem Kommunistischen Manifest keine Agitationsschrift die sozialen und politischen Mißstände in Deutschland angegriffen.

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