Interpretation "Maler Nolten" von Eduard Mörike (Seite 3)

Die Einmaligkeit dieses Augenblicks, oftmals wie in Trance erfahren, hat Wirkung; erhabene Freude ob der Schönheit, auch ob der sich ihrer Zeitlichkeit bewusst werdenden Zeit, die, im Augenblick konzentriert, ihre Linearität verliert, zur Gleichzeitigkeit wird. "Einst und jetzt im Wechsel – ein fliegender Blitz der Gedanken / Machte mich stumm, und hoch wallte vor Freuden mein Herz." Holthusen hat darauf hingewiesen, wie weit sich Mörike hierin von der romantischen Sehnsucht nach den "alten, unnennbaren Tagen" entfernt hatte, wie nahe er Baudelaire kommt.

Zugleich aber geht damit die Erfahrung des Menschen einher, dass auch er der Zeitlichkeit unterliegt, dass der Tod ihm wesenhaft zugehörig ist. Voll stiller Anerkennung ereignet sich diese Erfahrung in dem Gedicht Erinna an Sappho (1863), fast nebenbei, ohne Pathos, vollzieht sie sich in Mörikes letztem abgeschlossenen Prosawerk, der Novelle Mozart auf der Reise nach Prag.

 

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