Interpretation "Triumph und Tragik des Erasmus von Rotterdam" von Stefan Zweig (Seite 3)

Als eine historisch korrekte Darstellung ist die Biographie nicht einzuordnen. Viele Lücken, die aufgrund des Mangels an Zeitzeugnissen bestehen, ergänzt Zweig hemmungslos, indem er fiktive Versatzstücke einfügt. Die Faszination für die Persönlichkeit Erasmus, die auf die Veröffentlichung folgt, ist zum Großteil der Art und Weise der Aufbereitung des historischen Stoffes geschuldet. Zweig gelingt es, Erasmus’ Leben spannend darzustellen, auch indem er die Parallelen zu seiner eigenen Zeit immer wieder hervorhebt. – Schließlich soll der Humanist Erasmus eine Vorbildfunktion erfüllen.

Zweigs Biographie stellt auch eine Erklärung für seine eigene Zurückhaltung bezüglich offener Äußerungen dem Hitlerregime gegenüber dar, denn ebenso wie sein Vorbild Erasmus, übt er – in Form der historischen Studie – auf gemäßigte Art und Weise Kritik. Die Erasmus-Biographie ist von Zweig in sich selbst nach einem ‚erasmischen’ Prinzip konzipiert: Es geht ihm darum, sanft zu ermahnen, indirekt Kritik zu üben und beispielhaftes Handeln vorzuführen, ohne dabei allzu deutlich Partei zu ergreifen.

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