Literaturepoche Vormärz (Seite 2)

Radikaler als Heine, ihm in seinem feuilletonistischen Ansatz und seiner intelligenten, bissigen Art durchaus verwandt, aber ohne dessen poetische Qualitäten (allerdings auch ohne diesbezügliche Ambitionen), war Ludwig Börne. Seine Briefe aus Paris (1832–1834), aus der Stadt, wo er ab 1830 lebte (Heine ab 1831), gehören ebenfalls zu den entscheidenden theoretischen Schriften für das Junge Deutschland, obwohl auch er nicht zum engeren Kreis dieser Bewegung gerechnet wird. Neben dieser als Zeitdokument immer noch wertvollen Rezeption der französischen Julirevolution, aus der er die Notwendigkeit einer Umwälzung in Deutschland ableitete, hinterließ Börne neben einigen Prosastücken in Jean Pauls Manier eine Sammlung von Aphorismen.

Als 'Mitglieder' des Jungen Deutschland im engeren Sinne werden in den gängigen Literaturgeschichten – mit geringen Abweichungen – sechs Autoren aufgeführt, denen außer der politische Haltung noch eines gemeinsam ist: die nur sehr eingeschränkte Bedeutung ihres literarischen Schaffens. Sei es, daß sie überwiegend auf journalistischem, propagandistischem oder literaturkritischem Terrain tätig waren, wie Theodor Mundt (Kritische Wälder, 1833) oder Ludolf Wienbarg, durch dessen Ästhetische Feldzüge (1834), ein frühes Manifest der littérature engagée, das Junge Deutschland ihren Namen erhielt – sei es, daß das literarische Talent von der politischen Intention erstickt oder ohnehin nur in geringem Maße vorhanden war: keines ihrer dichterischen Erzeugnisse hat den Weg in den Kanon der klassischen Werke der deutschen Literatur gefunden.

Und so bleiben (fast) nur die Namen: Karl Gutzkow, der mit dem Roman Wally, die Zweiflerin (1835) durch freimütige Thematisierung von Sexualität immerhin für Wirbel sorgte, Ernst Adolf Willkomm (mit dem durch seinen Titel aktuell anmutenden Roman Die Europamüden, 1838), Heinrich Laube und schließlich Georg Herwegh, vielleicht der radikalste der Gruppe, der mit seinen Gedichten eines Lebendigen (1841–1843) den größten poetischen Elan mitbrachte; von ihm stammt das Bundeslied des Allgemeinen deutschen Arbeitervereins mit den berühmten Zeilen:

Mann der Arbeit, aufgewacht
Und erkenne deine Macht!
Alle Räder stehen still,
Wenn dein starker Arm es will.

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