Ungekürztes Werk "Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand" von Johann Wolfgang Goethe (Seite 3)

Da wird's den Hecken und Dornen gut gegangen sein. Schläft Hans?

GEORG: Auf Euer Rufen sprang er auf und schrie mir, daß Ihr rieft. Ich wollt den Harnisch ausschnallen, da hört ich Euch zwei-, dreimal.

GÖTZ: Geh! bring ihm seinen Panzer wieder und sag ihm, er soll bereit sein, soll nach den Pferden sehen.

GEORG: Die hab ich recht ausgefüttert und wieder aufgezäumt. Ihr könnt aufsitzen, wann Ihr wollt.

GÖTZ: Bring mir einen Krug Wein, gib Hansen auch ein Glas, sag ihm, er soll munter sein, es gilt. Ich hoffe jeden Augenblick, meine Kundschafter sollen zurückkommen.

GEORG: Ach gestrenger Herr!

GÖTZ: Was hast du?

GEORG: Darf ich nicht mit?

GÖTZ: Ein andermal, Georg, wann wir Kaufleute fangen und Fuhren wegnehmen.

GEORG: Ein andermal, das habt Ihr schon oft gesagt. O diesmal! diesmal! Ich will nur hintendrein laufen, nur auf der Seite lauern. Ich will Euch die verschossenen Bolzen wiederholen.

GÖTZ: Das nächste Mal, Georg. Du sollst erst ein Wams haben, eine Blechhaube und einen Spieß.

GEORG: Nehmt mich mit! Wär ich letzt dabeigewesen, Ihr hättet die Armbrust nicht verloren.

GÖTZ: Weißt du das?

GEORG: Ihr warft sie dem Feind an Kopf, und einer von den Fußknechten hob sie auf; weg war sie! Gelt, ich weiß?

GÖTZ: Erzählen dir das meine Knechte?

GEORG: Wohl. Dafür pfeif ich ihnen auch, wann wir die Pferde striegeln, allerlei Weisen und lerne sie allerlei lustige Lieder.

GÖTZ: Du bist ein braver Junge.

GEORG: Nehmt mich mit, daß ich's zeigen kann.

GÖTZ: Das nächste Mal, auf mein Wort. Unbewaffnet, wie du bist, sollst du nicht in Streit. Die künftigen Zeiten brauchen auch Männer. Ich sage dir, Knabe, es wird eine teure Zeit werden: Fürsten werden ihre Schätze bieten um einen Mann, den sie jetzt hassen. Geh, Georg, gib Hansen seinen Küraß wieder, und bring mir Wein.

Georg ab.

Wo meine Knechte bleiben! Es ist unbegreiflich. – Ein Mönch! Wo kommt der noch her?

Bruder Martin kommt.

GÖTZ: Ehrwürdiger Vater, guten Abend! Woher so spät? Mann der heiligen Ruhe, Ihr beschämt viel Ritter.

MARTIN: Dank Euch, edler Herr! Und bin vorderhand nur demütiger Bruder, wenn's ja Titel sein soll. Augustin mit meinem Klosternamen, doch hör ich am liebsten Martin, meinen Taufnamen.

GÖTZ: Ihr seid müde, Bruder Martin, und ohne Zweifel durstig!

Der Bub kommt.

Da kommt der Wein eben recht.

MARTIN: Für mich einen Trunk Wasser. Ich darf keinen Wein trinken.

GÖTZ: Ist das Euer Gelübde?

MARTIN: Nein, gnädiger Herr, es ist nicht wider mein Gelübde, Wein zu trinken; weil aber der Wein wider mein Gelübde ist, so trinke ich keinen Wein.

GÖTZ: Wie versteht Ihr das?

MARTIN: Wohl Euch, daß Ihr's nicht versteht. Essen und Trinken, mein ich, ist des Menschen Leben.

GÖTZ: Wohl!

MARTIN: Wenn Ihr gegessen und getrunken habt, seid Ihr wie neu geboren; seid stärker, mutiger, geschickter zu Euerm Geschäft. Der Wein erfreut des Menschen Herz, und die Freudigkeit ist die Mutter aller Tugenden. Wenn Ihr Wein getrunken habt, seid Ihr alles doppelt, was Ihr sein sollt, noch einmal so leicht denkend, noch einmal so unternehmend, noch einmal so schnell ausführend.

GÖTZ: Wie ich ihn trinke, ist es wahr.

MARTIN: Davon red ich auch. Aber wir –

Georg mit Wasser.

GÖTZ zu Georg heimlich: Geh auf den Weg nach

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