Biographie Jean Paul (Seite 6)

"Glauben Sie nicht, daß Jean Paul leicht etwas Leidenschaftliches oder eine Neigung mit in seine Verbindungen oder persönlich individuellen Anteil nimmt. Wir sind ihm alle nur Ideen, und als Personen gehören wir zu den gleichgültigsten Dingen. Ideendarstellung des Lebens in der Masse der ihm bekannten Welt aufzusuchen – das ist's, was ihn reizt, beschäftiget, belebt. Er hat einen sehr freien Sinn und einen unbefangenen Blick; er durchschaut leicht eine Kette von Umständen, die einen Charakter bilden, und dann kann er nicht mehr lieben noch hassen."

Die Aufnahme in Weimar allerdings ist herzlich; er trifft u.a. Herder, Schiller, Goethe und die Herzogin Anna Amalia. "Er hat hier bei allen unsern Genies jeder Art große Sensation gemacht", schreibt diese an Wieland, "und man hat ihm, was viel ist, alle Gerechtigkeit widerfahren lassen." In der Tat fühlt sich Jean Paul trotz der bereits angesprochenen Differenzen in der herzoglichen Residenzstadt ausgesprochen wohl; 1798 lässt er sich sogar ganz dort nieder.

Zwei Jahre verbringt er in Weimar, 1800 zieht er nach Berlin und lernt dort seine Frau kennen. 1804 schließlich siedelt er, nach Aufenthalten in Meiningen und Coburg, nach Bayreuth um, wo er für den Rest seines Lebens bleibt. Inzwischen sind auch der Siebenkäs (1796/97), das Leben des Quintus Fixlein (1796), Der Jubelsenior (1797), Das Kampaner Tal (1797), der Titan (1800–1803), darin enthalten – im Anhang zum zweiten Band – die Erzählung Des Luftschiffers Giannozzo Seebuch, und die Flegeljahre (1804/05) erschienen.

In Bayreuth führt er ein ruhiges, beinahe zurückgezogenes Leben, gewidmet der Familie, der Erziehung der drei Kinder und der schriftstellerischen Arbeit. "Mir ist als Autor und fast als Mensch jede neue Erfahrung gleichgültig, weil sie doch im Höchsten zu nichts führt und ich nach meinen der Gegenwart abmodellierten Werken nichts suche als Ruhe", schreibt er in seinem Vita-Buch. Erst in späteren Jahren begibt er sich wieder auf Reisen – nach Bamberg, wo er E. T. A. Hoffmann begegnet, nach Nürnberg, Regensburg, dann, wie bereits erwähnt, nach Heidelberg. In Dresden trifft er mit Tieck und Carl Maria von Weber zusammen, in Nürnberg mit Schelling und Platen.

Die Begeisterung allerdings, die seine Bücher noch im ausgehenden 18. Jahrhundert wecken, ist dahin. Bereits die Flegeljahre will kaum mehr jemand lesen. Die Zustimmung des Publikums sinkt mit jedem neuen Werk. 1807 erscheint Levana oder Erziehlehre, 1809 Des Feldpredigers Schmelzle Reise nach Flätz und Dr. Katzenbergers Badereise, 1812 das Leben Fibels. Daneben arbeitet er u. a. von 1813 bis 1822 an seinem letzten großen Roman, Der Komet. Der frühe Tod des Sohnes Max, 1821, der Jean Paul tief berührt, führt schließlich zum Abbruch der Arbeit, der Roman bleibt Fragment.

Fragmentarischen Autobiographie von Jean Paul
Beginn der fragmentarischen Autobiographie mit nachträglichen Einfügungen des Herausgebers.
Heutige Fassade des Bayreuther Hauses Friedrichstraße 5
Heutige Fassade des Bayreuther Hauses Friedrichstraße 5 (ehemals Nr. 384), in dessen 2. Stock sich Jean Paul 1813 für den Rest seines Lebens einrichtet. In den neun Jahren zuvor war er innerhalb Bayreuths ganze sieben (!) Mal umgezogen.
Foto: Clarissa Höschel
Jean-Paul-Denkmal in Bayreuth
Jean-Paul-Denkmal in Bayreuth.
Foto: Clarissa Höschel