Biographie Georg Büchner (Seite 10)
Am 17. Oktober 1836, Büchners 23. Geburtstag, heißt es wieder einmal Abschied nehmen für längere Zeit. Tags darauf reist Büchner nach Zürich ab, wo er am 5. November seine Probevorlesung Über Schädelnerven hält und, zum Privatdozenten ernannt, im Wintersemester das Kolleg 'Zootomische Demonstrationen' durchführt.
Büchner hat in der Spiegelgasse Nr. 12 ein Zimmer gefunden und ist Nachbar des Ehepaars Caroline und Wilhelm Schulz, ebenfalls Exildeutsche, mit denen sich eine enge Freundschaft entwickelt. Zwar lässt er auch in der Schweiz die Finger von jeglicher politischen Tätigkeit (was auch dem laufenden Asylverfahren geschadet hätte), doch setzt er sein unglaubliches Arbeitspensum ungebrochen fort, wie er in einem Brief an Minna vom 20. Januar 1837 schreibt: "Du glaubst nicht, wie regelmäßig und ordentlich. Ich gehe fast so richtig wie eine Schwarzwälder Uhr." Im selben Brief meldet er auch, er habe sich erkältet – vielleicht eine Folge der Überanstrengung; von Todesahnungen, dem Gefühl des Sich-Verzehrens jedoch keine Spur, denn am 27. Januar schreibt er, wieder an Minna: "[...] ich habe keine Lust zum Sterben und bin gesund wie je."
Am 2. Februar allerdings muss er wegen Fiebers im Bett bleiben. Trotz der Pflege durch die Familie Schulz tritt keine Besserung ein, im Gegenteil, es häufen sich die Delirien. Als Minna am 17. Februar endlich ans Krankenbett tritt, hat die inzwischen diagnostizierte Typhusinfektion Georg Büchner schon fast besiegt – kaum noch erkennt er die Frau, die er so geliebt hat. Am 19. Februar 1837 stirbt er gegen vier Uhr nachmittags. Zwei Tage später findet das Begräbnis auf dem Zürcher Friedhof am Zeltberg statt: Nach dessen Einebnung werden Büchners sterbliche Reste 1875 auf den Germaniahügel am Zürichberg umgebettet, wo auch ein Gedenkstein errichtet wird.
»Der Vortrag Büchners war nicht geradezu glänzend, aber fließend, klar u. bündig; rhetorischen Schmuck schien er fast ängstlich, als nicht zur Sache gehörig, zu vermeiden; was aber diesen Vorlesungen vor allem ihren Wert verlieh, u. was dieselben für die Zuhörer so fesselnd machte, das waren die fortwährenden Beziehungen auf die Bedeutung der einzelnen Teile der Organe u. auf die Vergleichung derselben mit den höheren Tierklassen [...] – das waren ferner die ungemein faßlichen, anschaulichen Demonstrationen an frischen Präparaten, die B., bei dem völligen Mangel daran an der noch so jungen Universität, sich größtenteils selbst beschaffen mußte. [...] Ich habe während meines achtjährigen (juristischen und medizinischen) Studiums manches Collegium gehört, aber ich wüßte keines, von dem mir eine so lebendige Erinnerung geblieben wäre als von diesem Torso von B.s Vorlesungen über vergleichende Anatomie der Fische u. Amphibien.«
August Lüning: Erinnerungen an den Dozenten Büchner. Brief vom 9. November 1877 an Karl Emil Franzos
»Hätte ich in der Unabhängigkeit arbeiten können, die der Reichhtum gibt, so konnte etwas Rechtes aus mir werden – wies er selbst auf den tieferen, auf den sozialen Grund seines frühzeitigen Todes. […] Büchner, der Proletarier der geistigen Arbeit und das Opfer derselben, hatte sich lächelnd zu Tode gearbeitet.«
Wilhelm Schulz über Büchners Tod, 1851
Büchners Sterbehaus in der Zürcher Altstadt.
Foto: Clarissa Höschel
Gedenktafel an Büchners Zürcher Sterbehaus.
Foto: Clarissa Höschel