Biographie Georg Büchner (Seite 5)

Zum einen beginnt eine intensive Beschäftigung mit der Geschichte der Französischen Revolution, zum anderen gründet er in Gießen mit einigen Gesinnungsgenossen (u. a. Karl Minnigerode, Jakob Friedrich Schütz und Gustav Clemm) eine 'Gesellschaft der Menschenrechte', die er bald um eine Darmstädter Sektion erweitert. Über seinen Gießener Freund August Becker lernter Anfang 1834 auch Ludwig Weidig kennen, Rektor in Butzbach, einen republikanischen Aktivisten, mit dem er beschließt, ein Flugblatt zu verfassen und in Umlauf zu bringen. Es ist Der hessische Landbote, in dem Büchner, trotz massiver Eingriffe Weidigs, seinen sozialrevolutionären Ansatz ("Friede den Hütten, Krieg den Palästen") in aller Schärfe formuliert.

Im Juli bringt Büchner das Manuskript zu einem Drucker nach Offenbach; dort werden die fertigen Exemplare am 31. Juli von drei Mitgliedern der 'Gesellschaft der Menschenrechte' abgeholt. Einen Tag später kommt es durch eine Denunziation zur Verhaftung Minnigerodes, bei dem 139 Exemplare des Landboten gefunden werden. Sofort reagiert Büchner und macht sich unter einem Vorwand auf nach Butzbach, Offenbach und Frankfurt, um die dortigen Freunde zu warnen. In der Zwischenzeit wird sein Zimmer in Gießen durchsucht, wobei allerdings kein Beweismaterial gegen ihn sichergestellt werden kann. Büchner beschwert sich sogar ganz offiziell bei den Behörden über diese Vorgehensweise.

Im Herbst scheint die Gefahr zunächst vorüber, was jedoch keineswegs eine Ruhephase mit sich bringt. Nach einem Besuch Minnas in Darmstadt verfolgt Büchner mit gesteigerter Energie seine Aktivitäten. Nicht nur die Französische Revolution ist Gegenstand seiner Studien, sondern nun auch die Geschichte der Philosophie; hinzu kommt die Arbeit im Laboratorium seines Vaters. Auch die Tätigkeit im Untergrund wird wieder aufgenommen: Büchner verfasst (heute nicht mehr erhaltene) Grundsatzpapiere, beteiligtesich an Waffenübungen, Geldsammlungen und einem erfolglosen Versuch, Minnigerode aus dem Gefängnis zu befreien.

Robespierre guillotiniert den Henker
»Robespierre guillotiniert den Henker, nachdem dieser alle Franzosen guillotiniert hat«. Kupferstich, um 1794

»Im anatomischen Baue des Halses bildet die Wirbelsäule die eigentliche Grundlage. Dieselbe besteht aus einer Reihe aufeinander reitender und gelenkartig verbundener Knochen, deren rasche und sichere Trennung nicht zu erwarten steht, wenn die Ausführung einem Menschen anvertraut wird; die Geschicklichkeit eines solchen kann unter moralischen und physischen Einflüssen dem Wechsel unterliegen [...] Nur bei Anwendung unwandelbarer mechanischer Agentien, deren Kraft und Wirkung dem Kalkül unterliegt, läßt sich ein sicherer Erfolg erzielen [...] Der Körper des Verurteilten kommt bäuchlings zwischen zwei Pfosten, welche oben durch einen Querarm verbunden sind; das am letztern hängende konvexe Beil trifft des Verbrechers Nacken, sobald eine Sperrvorrichtung unwirksam gemacht wird. Der Rücken des Beiles muß jedoch so dick und so schwer sein, daß es gleich kraftvoll wirkt wie der Rammklotz beim Einrammen von Pfählen. Des letzteren Kraft wächst bekanntlich in dem Maße, als die Höhe zunimmt, aus welcher er herabfällt. Eine solche niemals versagende Maschine wird sich leicht herstellen lassen.«

Gutachten des Chirurgen Antoine Louis aus dem Jahr 1792. Anfangs wurde die Guillotine 'Louison' oder 'Louisette' genannt.

Friedrich Ludwig Weidig (1791 – 1837)
Friedrich Ludwig Weidig (1791 – 1837).
Lithographie nach einer Zeichnung um 1840

»Heiterkeit, Munterkeit bei aller Entschiedenheit und allem Ernste der Ansicht, der auch keinen Augenblick sich verleugnete; stete Rüstigkeit, Thätigkeit und Aufmerksamkeit für politische und geistige Interessen; Höflichkeit und herzliches Entgegenkommen, aufrichtiger Familiensinn, Schlichtheit und Einfachheit in der äußern Erscheinung – das waren ungefähr die hauptsächlichsten [...] Züge, womit der Mann mir damals sich darstellte.«

Karl Buchner: Friedrich Ludwig Weidig, 1849

Flugblatt
Die hier abgebildete November-Fassung enthält nicht mehr den vorangestellten »Vorbericht« der Juli-Fassung, eine Gebrauchsanweisung für alle Empfänger des Flugblattes zur eigenen Sicherheit.
Fassade der Ruine Badenburg

Fassade der Ruine Badenburg. Das ehemalige Hofgut aus dem 16. Jahrhundert, durch Misswirtschaft zur Ruine verkommen, ist seit Mitte des 18. Jahrhunderts ein beliebtes Ausflugsziel und Treffpunkt korporierter Studenten. Hier wird 1834 Der Hessische Landbote verfasst, deren berühmte Überschrift „Friede den Hütten, Krieg den Palästen“ zum Widerstand gegen die Fürstenherrschaft aufruft.
Foto: Clarissa Höschel

Gedenktafel für Georg Büchner in Gießen

Gedenktafel für Georg Büchner in Gießen, wo er von 1833 bis 1835 auch Medizin studiert hat.
Foto: Clarissa Höschel