Interpretation "Die Elixiere des Teufels" von E.T.A. Hofmann

1814 und 1816 erscheinen die beiden Teile der Elixiere des Teufels. Anregungen dazu hat Hoffmann sicherlich bei seinem Besuch im Kapuzinerkloster in Bamberg gefunden, der im Februar 1812 stattfindet und bei dem er sich ausführlich mit Pater Cyrillus Sponsel ausgetauscht hat. Weitere Einflüsse kommen von Carl Grosses Roman Der Genius, von Schillers Der Geisterseher, vor allem aber vom Schauerroman Ambrosio, or the Monk des englischen Autors Matthew Gregory Lewis, der in den Elixieren ausdrücklich erwähnt wird.

Die Szenerie ist damit vorgegeben: Klöster, ihre labyrinthischen Gangsysteme, dunkle Verliese, Kerker, Folter und Morde, inmitten darin die schöne, halbbekleidete Frau. Hoffmann spielt damit, bedient sich dieser Elemente für seine poetischen Zwecke.

Als Medardus, gefangen im Kerker des Schlosses, durch den Boden hindurch Stimmen vernimmt und beginnt, die Steine aufzubrechen, muss er erkennen, dass die Gestalt, die schließlich zu ihm heraufsteigt, er selbst ist. Am nächsten Morgen (er liegt gefesselt in Ketten) sagt der Kerkermeister zu ihm: "Nun wird es der Herr wohl bleiben lassen, an das Durchbrechen zu denken."

Die schaurige Kulisse, die Hoffmann aufbaut, ist nichts anderes als bildhafter Ausdruck der psychischen Abgründe seines Helden. Hoffmanns Spiel ist aber noch weit perfider. Was Medardus nachts erlebt, entspringt nicht nur seiner wahnhaften Phantasie, sondern findet zugleich auf der realen Ebene statt: der Kerkermeister spricht davon. Situationen und auch Personen sind nicht mehr eindeutig determiniert, Wahnvorstellungen und Realität vermischen sich, aus Medardus, dem Mönch, wird Viktorin, der Graf, und Viktorin seinerseits übernimmt die Rolle des Medardus; ein Verwirr- und Vexierspiel, das sich noch weiter verwickelt, als am Ende des Buches bei der scheinbaren Auflösung ein weiterer Kapuzinermönch (der von Viktorin am Teufelssitz ermordet wurde) ins Spiel eintritt und, nicht zu vergessen, der Doppelgänger, der alle Rollen übernehmen kann. Zum Schluß ist Medardus sicherlich nicht der Mörder Aureliens, aber ist es der Doppelgänger, oder doch Viktorin? Eine definitive Antwort lässt sich nicht geben, alles bleibt mehrdeutig.

Ebenso ambivalent und in seinem Innersten bis zur Schizophrenie hin gespalten ist Medardus. "Mein eignes Ich zum grausamen Spiel eines launenhaften Zufalls geworden, und in fremdartige Gestalten zerfließend, schwamm ohne Halt wie in einem Meer all der Ereignisse, die wie tobende Wellen auf mich hineinbrausten. – Ich konnte mich selbst nicht wiederfinden! [...] Ich bin das, was ich scheine, und scheine das nicht, was ich bin, mir selbst ein unerklärlich Rätsel, bin ich entzweit mit meinem Ich!"

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