Biographie Heinrich von Kleist
Von Margit Dirscherl
Heinrich Wilhelm von Kleist wird am 18. Oktober 1777 als Sohn einer preußischen Offiziersfamilie in Frankfurt/Oder geboren. Bereits mit 15 Jahren, nach dem Tod des Vaters, tritt er in das Potsdamer Regiment ein, wo er Freundschaft mit Otto August Rühle von Lilienstern schließt, mit dem er sich wissenschaftlichen Studien widmet. Er selbst nennt sich zu dieser Zeit „mehr Student als Soldat“ - 1799 reicht er sein Abschiedsgesuch ein, um eine akademische Laufbahn zu beginnen. Seine Familie, tief verwurzelt in der Militärstradition, hat dafür wenig Verständnis.
Im Glauben, einen eigenen ‚Lebensplan’ zu verwirklichen, versucht Kleist seine gesamte zukünftige Existenz bis ins Detail festzulegen. Seine Weltsicht entspricht der Mode der Zeit: der Aufklärung, die davon ausgeht, der Mensch könne mittels seiner Vernunft selbstbestimmt handeln, sich gesellschaftlich emanzipieren und auf diese Weise moralische und gesellschaftliche Ideale erkennen und verwirklichen. Kleists erstes schriftstellerisches Werk bringt dieses Weltverständnis zum Ausdruck: Aufsatz, den sichern Weg des Glücks zu finden und ungestört – auch unter den größten Drangsalen des Lebens – ihn zu genießen. Daneben entstehen einige Gedichte, die heute jedoch als weniger bedeutend eingestuft werden.
Während seines Studiums der Philosophie, Physik, Mathematik und Staatswissenschaften in seiner Vaterstadt Frankfurt lernt er die neunzehnjährige Wilhelmine von Zenge kennen, mit der er sich noch 1799 verlobt. Da von ihm deshalb erwartet wird, ein Amt anzutreten, bricht er sein Studium nach drei Semestern ab. Er begibt sich nach Berlin, wo er als Volontär im Finanzdepartment arbeitet. Von seiner Tätigkeit berichtet er in Briefen an seine Verlobte und die ihm nahe stehende Halbschwester Ulrike allerdings auf eine bemerkenswert verschleierte Art und Weise. Auch die Motive der unter falschem Namen angetretenen Fahrt mit seinem Freund Ludwig Brockes nach Würzburg verheimlicht er, teilt Ulrike jedoch wiederholt mit, er verschweige nichts, „was zu verschweigen nicht nothwendig“ sei. Schon zu Lebzeiten ist Kleist offenbar bedacht, sein Leben ähnlich eines Mysteriums darzustellen.