Biographie Heinrich von Kleist (Seite 3)

Um diese Zeit beginnen die produktivsten Jahre des Schriftstellers Kleist, der sich nun intensiv mit dem aus der Kant-Krise und den Rousseau-Studien abgeleiteten Bruch im eigenen Weltverständnis auseinandersetzt. Nach einem Aufenthalt bei Wieland und der Begegnung mit Schiller und Goethe reist er erneut in die Schweiz und nach Paris, wo er nach einer missglückten Lesung den Entwurf seines Guiskard-Fragments vernichtet. Der eigene seelische Zusammenbruch, der mit nicht realisierten Suizidplänen einhergeht, wird durch die Erfahrung der Kapitulation Preußens in den Napoleonischen Kriegen noch verstärkt. Schließlich tritt Kleist wieder in den Staatsdienst ein, beendet seine Dramen Der zerbrochne Krug und Amphitryon und arbeitet an Erzählungen, unter anderem dem Erdbeben in Chili.

1807 quittiert Kleist den Staatsdienst erneut; er tritt eine Reise an, deren Motivation im Dunkeln bleibt. Schließlich wird er verhaftet und verbringt ein halbes Jahr als Kriegsgefangener in Frankreich, da er für einen Spion gehalten wird. Während der Gefangenschaft verfasst er das Drama Penthesilea, nach seiner Freilassung Das Käthchen von Heilbronn. Erfolg ist den Dramen allerdings nicht beschert: Goethe, dessen Urteil zu dieser Zeit über Wohl und Wehe eines literarischen Werkes entscheidet, bezeichnet Penthesilea abwertend als „Verwirrung des Gefühls“, den Schriftsteller selbst vergleicht er mit einem „von der Natur schön intentionierten Körper, der von einer unheilbaren Krankheit ergriffen“ sei.

Zurück in Berlin versucht Kleist, sich durch journalistische Tätigkeiten finanziell über Wasser zu halten. Die Herausgabe des Phöbus ist jedoch nicht erfolgreich. Auch die Berliner Abendblätter – in denen wie im Phöbus manche seiner eigenen Schriften erscheinen – sind aufgrund ihres revolutionären Charakters bei den bestehenden Zensurbedingungen zum Scheitern verurteilt. Die politische Zeitschrift Germania kommt gar nicht erst bis zur Veröffentlichung; Kleist versucht sich infolgedessen erneut als Dramatiker. Die Hermannsschlacht entsteht und der Beginn des Prinz Friedrich von Homburg – jedoch werden beide aufgrund der ihnen eigenen brisanten Thematik zu Kleists Lebzeiten nicht mehr aufgeführt.

Nach weiteren Reisen nimmt Kleist in Berlin vermehrt Kontakt zu literarischen Kreisen auf. Ihm gelingt es, seine ersten Erzählungen in Buchform zu veröffentlichen, Das Käthchen von Heilbronn wird in Wien uraufgeführt. Die Fertigstellung des Prinz Friedrich von Homburg, der den Konflikt zwischen militärischer Ehre und der Angst vor dem Tod behandelt, deutet das tragische Ende des Lebens von Kleist bereits an. Dem Drama folgt eine Reihe sorgfältig konzipierter Abschiedsbriefe. Kleist erklärt in seinem 34. Lebensjahr, ihm sei „auf Erden nicht zu helfen“ gewesen, deshalb wähle er den Freitod. Am 21. November 1811 fährt er mit seiner todkranken Freundin Henriette Vogel, die er in den Berliner Literatenkreisen kennen gelernt hat, zum kleinen Wannsee bei Berlin und erschießt zuerst sie, dann sich selbst.

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