Biographie Rainer Maria Rilke (Seite 2)
Erste Veröffentlichungen
Rilke ist zwar ein fleißiger Schüler, verbringt aber mit dem Schreiben von Gedichten ebensoviel Zeit wie mit seinen Studien. 1895 erscheint sein erstes Bändchen mit 48 Gedichten unter dem Titel „Leben und Lieder. Bilder und Tagebuchblätter von René Maria Rilke“ bei G. L. Kattentidt, Straßburg und Leipzig im “Jung Deutschland Verlag”.
Im Juli 1895 besteht Rilke auch die Reifeprüfung mit Auszeichnung. Noch im gleichen Jahr schreibt er sich an der Prager Universität ein, wo er auf Wunsch seiner Eltern neben Kunstgeschichte, Literatur und Philosophie auch ein Semester Jura studiert.
Der junge Dichter sucht und findet Aufnahme im Verein deutscher Künstler und Schriftsteller in Böhmen (Concordia) und sein zweiter Gedichtband, „Larenopfer“, der die Prager Gedichte enthält, erscheint. 1896 bringt Rilke drei Ausgaben einer eigenen Zeitschrift (Wegwarten) heraus und reist viel – nach Wien, Budapest und ins Salzkammergut.
Rilke in München
1896 kommt Rilke erstmals zum Studium nach München. Die Isarmetropole ist in jener Zeit nicht nur ganz allgemein ein bedeutender Treffpunkt für Intelektuelle und Künstler, sondern auch die Heimat der naturalistischen Bewegung um Michael Georg Conrad (1846-1927) und seine Zeitschrift „Die Gesellschaft“. Der junge Rilke verehrt den fast 30 Jahre älteren Hünen Conrad so sehr, dass er ihm während einer Berlinreise 1898 sogar ein Gedicht widmet:
An Michael Georg Conrad
Schon damals, als es mir zuerst beschert,
von Deinen Stunden eine mitzuleben,
war mir, als müßt ich Äste aus mir heben,
die früchtefröhlich in den Sommer streben, –
und fühlte festlich meiner Wurzeln Wert.
So diesmal auch. In leerer Tage Lauf
verarmte ich und wurde mir zu wenig.
Da seh ich Dich. Du stehst so säulensehnig,
und leise wachse ich an Dir hinauf.
Dein Festsein macht, daß ich mich an Dich lehne –
Und wie ich mich in Deiner Klarheit finde,
bin ich erstarkt im Ruhm an Deiner Rinde,
und spüre, daß ich mich ins Leben sehne!
Erste Seite des Briefes, den Rainer Maria Rilke am 2. Februar 1898 aus Berlin an Michael Georg Conrad schreibt. Dieser Brief enthält das Gedicht, das Rilke für Conrad geschrieben hat. Die einleitenden Zeilen dazu lauten:
„Lieber, lieber Doctor Conrad, auf dem Weg werden mir diese Verse geschenkt, welche mir erst vollendet scheinen, wenn sie Ihnen gehören. Drum schrieb ich sie ohne Verzug nieder:“
Foto: Clarissa Höschel, mit freundlicher Genehmigung des Literaturarchivs Monacensia München, wo sich das Original dieses Briefes im Nachlass Rainer Maria Rilke (Sammelstück 3) befindet.