Biographie Gotthold Ephraim Lessing (Seite 3)

Im Mai 1765 kehrt er nach Berlin zurück und findet sich, nicht ohne Schwierigkeiten, wieder in seine literarische Arbeit ein. Erst 1766 erscheint eine umfangreichere Schrift, die ästhetische Abhandlung Laokoon, die vor allem bei der jüngeren Generation von überwältigender Wirkung ist. 1767 veröffentlicht er dann Minna von Barnhelm.

Nachdem sich Lessings Wunsch, Bibliothekar an der königlichen Bibliothek in Berlin zu werden, 1766 zerschlagen hat, konzentriert er sich ganz auf die Mitarbeit an dem in Hamburg geplanten Nationaltheater. Aus dem Theater eine Institution der nationalen Kultur zu machen, lautet die enthusiastische Vorgabe. Ostern 1769 ist das Projekt nicht nur finanziell, sondern auch aufgrund von Kompetenzstreitigkeiten zwischen dem Dramaturgen Lessing und den beiden anderen Direktoren gescheitert. Als Nachruf schreibt Lessing in der Hamburgischen Dramaturgie:

"Wenn das Publikum fragt, was ist denn nun geschehen? und mit einem höhnischen »nichts« sich selbst antwortet: so frage ich wiederum, und was hat denn das Publikum getan, damit etwas geschehen konnte? Auch nichts [...] – Über den gutherzigen Einfall, den Deutschen ein Nationaltheater zu verschaffen, da wir Deutsche noch keine Nation sind! Ich rede nicht von der politischen Verfassung, sondern bloß von dem sittlichen Charakter. Fast sollte man sagen, dieser sei: keinen eigenen haben zu wollen."

Im September 1769 erhält Lessing vom Braunschweiger Hof das Angebot, Bibliothekar an der berühmten herzoglichen Bibliothek in Wolfenbüttel zu werden und nimmt an. Die ersten Jahre in Wolfenbüttel sind literarisch wenig fruchtbar. Lediglich Emilia Galotti erscheint 1771, daneben veröffentlicht er von 1774 bis 1778 aus dem Nachlass von Hermann Samuel Reimarus Fragmente eines Ungenannten, die ihn später mit dem Hamburger Hauptpastor Johann Melchior Goeze in heftige theologische Auseinandersetzungen verwickeln.

Von 1775 bis 1776 reist er über Leipzig und Dresden nach Wien, von dort aus begleitet er den Prinzen Leopold von Braunschweig nach Italien. Die Reise, die nach Mailand, Venedig, Florenz, Korsika, Genua, Turin, Rom und Neapel führt, scheint allerdings auf den vom Prinzen abhängigen Lessing wenig Eindruck gemacht zu haben.

Nach seiner Rückkehr heiratet er die mit ihm bereits seit 1771 verlobte Hamburger Kaufmannswitwe Eva König. Privates Glück ist ihm allerdings nicht beschieden; im Dezember 1777 stirbt kurz nach der Geburt ihr Sohn, zwei Wochen später die Mutter. "Ich wollte es auch einmal so gut haben, wie andere Menschen", schreibt Lessing verbittert. "Aber es ist mir schlecht bekommen."

Die Herzog August-Bibliothek in Wolfenbüttel
Die Herzog August-Bibliothek in Wolfenbüttel, heute das wichtigste Zentrum für die Erforschung der Barockliteratur in Deutschland
Eva König
Eva König.
Kupferstich nach einem anonymen Gemälde