Biographie Theodor Fontane (Seite 7)

Das jähe Ende des Gastspiels als Akademiesekretär hat vor allem für Fontanes ohnehin von Krisen gezeichnete Ehe schlimme Folgen. Emilie fühlt sich persönlich gekränkt durch das mangelnde Bemühen um eine Sicherung des Lebensstandards, und sie hat wohl auch ernstlich Angst vor der Armut. Die Tochter Mete wächst in eine schwierige Rolle hinein: Sie ist die Vertraute des Vaters und muß oft genug zwischen den Ehepartnern vermitteln. Sie ist in noch höherem Maß als ihre Eltern mit psychischen Problemen belastet, die man damals noch als 'Nervosität' bezeichnet, und wird nicht nur die Stütze, sondern auch das Sorgenkind Fontanes bleiben.

Erst jetzt, ab dem 57. Lebensjahr, widmet sich Fontane mit voller Energie seiner eigentlichen Berufung. Er arbeitet an dem schon seit langem geplanten Roman Vor dem Sturm, der im Oktober 1878 in vier Bänden erscheint. Der Roman liegt ganz auf der Linie, die Fontane bereits mit seinen Balladen eingeschlagen hat; die preußische Geschichte und das märkische Junkertum geben auch hier den Stoff ab. Sehr erfolgreich wird dieser Roman nicht, die meisten Leser empfinden ihn als zu langatmig und allzu reich mit Anekdoten ausgeschmückt.

Das nächste Buch, die historische Erzählung Grete Minde, wird erheblich kürzer. Noch vor deren Erscheinen im Jahr 1880 beginnt Fontane mit Plänen zu den Romanen L’Adultera, Schach von Wuthenow und Graf Petöfy. Mit L’Adultera (,Die Ehebrecherin') erscheint der erste Berliner Ehe-Roman, der den typischen Fontane-Stil aufweist. Der Roman wird nicht sehr günstig aufgenommen, denn viele Leser empfinden die Darstellung als skandalös, und nach dem Vorabdruck von 1880 dauert es zwei Jahre, bis Fontane einen Verleger für die Buchausgabe findet.

Der Wechsel von einer journalistischen, beschreibenden Literaturform zur fiktionalen Romanliteratur fällt Fontane nicht leicht; letztere erscheint ihm anfangs noch "so affig und laffig", dass die Arbeit an den Wanderungen für ihn eine Art von Zuflucht bedeutet. 1881 erscheint deren letzter Band (Spreeland), der die finanzielle Lage der Familie ein wenig verbessert. 1882 folgen die Kriminalerzählung Ellernklipp und Schach von Wuthenow, ein historischer Roman um die Ereignisse des preußischen Schicksalsjahres 1806, der einigen Erfolg erzielt.

Emilie Fontane
Emilie Fontane. Photographie, nach 1865.

Welcher Art die ehelichen Konflikte zwischen Theodor und Emilie Fontane waren, läßt sich aus der bissigen und ironischen Reaktion Fontanes auf das Sicherheitsbedürfnis seiner Frau ablesen, die sich auf einer Manuskriptseite erhalten hat:

»Wie meine Frau sich einen Beamten denkt
1. Ein Beamter lebt lange.
2. Solange er lebt, hat er ein auskömmliches Gehalt.
3. Ist er krank, so wird er vertreten. Je öfter, desto besser.
4. Badereisen sind garantiert.
5. Der Dispositionsfond ist unerschöpflich und wird nur von der Güte seines Verwalters übertroffen.
6. Arbeit Schimäre.
7. Dienststunden werden gehalten oder nicht gehalten. Werden sie gehalten, so wechselt die Lektüre der National-Zeitung mit der Vossischen.
8. Fehler sind gleichgültig, solange nur nach außen hin die eigene und des Standes Unfehlbarkeit gewahrt bleibt.
9. Zum Ordensfest und zu Königsgeburtstag muß der Beamte gesund sein. (Weiße Binde.)
10. Erfüllt er dies, so verdoppelt der König die Witwenpension aus dem Schatullenfonds. Für die Töchter: Erziehungsgelder; für die Söhne: drei Kadettenstellen frei.«

Fontane und seine Tochter Martha
Fontane und seine Tochter Martha (Mete) im Jahr 1886 in Arnsdorf im Riesengebirge.

»Ich erinnere mich bei diesen Betrachtungen der Werningeroder Sonntagnachmittage vor dem weißen Hirsch. War Papa nicht dabei, fand ich den ganzen Spaß verfehlt und sah nur schlechtes Pflaster und häßliche langweilige Menschen; wie mit einem Schlage änderte es sich in Papas Gegenwart und, als hätte ich andere Augen bekommen, war ich im Moment versetzt in eine reiche Welt des Interessanten, Komischen und selbst Erfreulichen.«

Mete an die Mutter, 21. November 1880

Fontane im Jahr 1879
Fontane im Jahr 1879.

»So lächerlich es klingen mag, ich darf – vielleicht leider – von mir sagen: ‘Ich fange erst an.’«

Fontane an Wilhelm Hertz, 18. August 1879

Regimentsfahne mit dem Preußischen Adler, der Schwarze Adlerorden und der »Pour le Mérite«
Rechts die Regimentsfahne mit dem Preußischen Adler, in der Mitte der »Schwarze Adlerorden« und der »Pour le Mérite«, die höchsten Auszeichnungen, die der preußische Staat verlieh. Schach scheidet nicht zuletzt deshalb freiwillig aus dem Leben, weil er glaubt, daß diese Orden für ihn unerreichbar sein würden.

»Schach ist ein blauer Rock mit einem roten Kragen [...]«, schimpft Josephine von Carayon im Roman Schach von Wuthenow über den Titelhelden. Ein kleiner Irrtum: Wie die Abbildung links zeigt, war die Supraweste der Offiziere des Regiments Gensdarmes rot mit blauem Kragen.

Schlacht bei Jena am 14. Oktober 1806

Zeitgenössische Darstellung der Schlacht bei Jena am 14. Oktober 1806. Hier wurde der Untergang des friderizianischen Preußen besiegelt: Die Armee löste sich auf, die Festungen und die Hauptstadt Berlin kapitulierten, das Königspaar floh nach Memel. Napoleon feierte seinen größten Triumph, ganz Preußen stand unter französischer Besatzung.