Biographie Friedrich Hölderlin (Seite 3)
Hölderlin geht nach Jena, hört dort Fichte, besucht des öfteren Schiller und erneuert die Feundschaft mit Sinclair, in dessen Haus er wohnt.
Ende Mai 1795 bricht er in die Heimat auf. In Heidelberg macht er die Bekanntschaft des Arztes und Naturforschers Johann Gottfried Ebel, der ihm eine Hofmeisterstelle bei der Familie Gontard in Frankfurt vermittelt. Ende Dezember 1795 stellt sich Hölderlin dort vor. Was nun geschieht, gehört zu den Mysterien, die ihn und sein Werk umgeben.
Auf Zuraten Charlotte von Kalbs hat Hölderlin 1794 das Fragment von Hyperion, an dem er bereits in Tübingen gearbeitet hat, an Schiller geschickt, der es im November 1794 in der vorletzten Nummer der Thalia veröffentlicht. Die Kritik nimmt davon keine Notiz; ein Schweizer Bankierssohn, Ludwig Zeerleder, schreibt aber den Text ab und schickt ihn, als Ausdruck seiner Verehrung, an Susette Gontard.
Als Hölderlin die Stelle im Haus des wohlhabenden Bankiers Gontard antritt, ist er für dessen Ehefrau längst kein Unbekannter mehr. Und Hölderlin, verzaubert vom Wesen Susettes, erkennt in ihr sofort seine Diotima (die im Fragment noch Melite heißt). "Eh es eines von uns beeden wußte, gehörten wir uns an." Der Text hatte seine eigene Wirklichkeit gefunden.
Hölderlin liebte und wurde geliebt: "Ich bin in einer neuen Welt. Ich konnte wohl sonst glauben, ich wisse, was schön und gut sey, aber seit ich's sehe, möcht' ich lachen über all' mein Wissen. Lieber Freund! es giebt ein Wesen auf der Welt, woran mein Geist Jahrtausende verweilen kann und wird, und dann noch sehn, wie schülerhaft all unser Denken und Verstehn vor der Natur sich gegenüber findet. Lieblichkeit und Hoheit, und Ruh und Leben, u. Geist und Gemüth und Gestalt ist Ein seeliges Eins in diesem Wesen. Du kannst mir glauben, auf mein Wort, daß selten so etwas geahndet, und schwerlich wieder gefunden wird in dieser Welt."
Die Liebe war zum Scheitern verurteilt. Das geringste Problem dürfte dabei der Ehemann gewesen sein, denn die Ehe galt als eine konventionelle; der sich aristokratisch gebende Bankier geht seinen Geschäften nach; kleinbürgerliche Eifersucht, noch dazu auf einen Bedienten, als welchen er Hölderlin betrachtet, geziemt sich nicht für ihn. Doch Hölderlin verfügt nicht über die finanziellen Mittel, um Susette ein Leben an seiner Seite zu ermöglichen.