Ungekürztes Werk "Der grüne Heinrich" von Gottfried Keller

Gottfried Keller

Der grüne Heinrich

Erste Fassung

Vorwort zur ersten Fassung

Erster Band, erstes bis neuntes Kapitel

Eine Jugendgeschichte

Zweiter Band, erstes bis achtes Kapitel

Dritter Band, erstes bis sechstes Kapitel

Vierter Band, erstes bis fünfzehntes Kapitel


Vorwort zur ersten Fassung

Von diesem Buche liegt der erste Band schon seit zwei Jahren, der zweite seit einem Jahre fertig gedruckt, während die Beendigung des dritten und vierten Bandes durch verschiedenes Ungeschick bis vor kurzem verzögert wurde. Absicht und Motive blieben dabei unverändert dieselben wie am ersten Tage der Konzeption, während in der Ausführung während mehrerer Jahre der Geschmack des Verfassers sich notwendig ändern mußte, oder ehrlich herausgesagt: ich lernte über der Arbeit besser schreiben. Die ersten Bogen dieses Romanes datieren noch aus dem Jahr 1847, die letzten entstanden in diesen Tagen, und die Entstehungsweise des Ganzen gleicht derjenigen eines ausführlichen und langen Briefes, welchen man über eine vertrauliche Angelegenheit schreibt, oft unterbrochen durch den Wechsel und Drang des Lebens. Man läßt den Brief ganze Zeiträume hindurch liegen, man wird vielfältig ein anderer; aber wenn man das Geschriebene wieder zur Hand nimmt, fährt man genau da fort, wo man aufgehört hatte, und wenn sich auch in dem, was man betont oder verschweigt, der Wechsel des Lebens kund tut, findet sich doch, daß man gegen den, an welchen der Brief gerichtet, und in dieser Sache der alte geblieben ist. Man hat den Brief mit einer gewissen, redseligen Breite begonnen, welche eher von Bescheidenheit zeugt, indem man sich kaum Stoffes genug zutraute, um den ganzen schönen Bogen zu füllen. Bald aber wird die Sache ernster; das Mitzuteilende macht sich geltend und verdrängt die gemütlich ausgeschmückte Gesprächigkeit, und endlich zwingt sich von selbst, und noch gedrängt durch die äußeren Ereignisse und Schicksale, nicht eine theoretische, sondern im Augenblick praktische Ökonomie in die in der Eile besonnene Feder, so daß nur das Wesentliche sich lösen darf aus dem Fluge der Gedanken, um sich gegen den Schluß des Briefes hin wenigstens so viel Raum zu erkämpfen, als nötig ist, mit der warmen Liebe des Anfanges zu endigen. So entsteht freilich nicht ein streng gegliedertes Kunstwerk, aber vielleicht ein um so treuerer Ausdruck dessen, was man war und wollte mit dem Briefe. Eine andere Frage aber ist es nun, ob das Gleichnis hinreiche, eine gewisse Unförmlichkeit vorliegenden Romanes zu entschuldigen oder zu beschönigen. Ich bin weit entfernt, dies versuchen zu wollen; einzig und allein möchte ich durch das Gleichnis die Hoffnung andeuten, der geneigte Leser werde wenigstens, wenn auch nicht den Genuß eines reinen und meisterhaften Kunstwerkes, so doch den Eindruck einer wahr empfundenen und mannigfach bewegten Mitteilung davontragen. – Besagte Unförmlichkeit hat ihren Grund hauptsächlich in der Art, wie der Roman in zwei verschiedene Bestandteile auseinanderfällt, nämlich in eine Selbstbiographie des Helden, nachdem er eingeführt ist, und in den eigentlichen Roman, worin sein weiteres Schicksal erzählt und die in der Selbstbiographie gestellte Frage gewissermaßen gelöst wird. Der eine dieser Teile ist viel zu breit, um als Episode des andern zu gelten, und so bleibt nur zu wünschen, daß die Einheit des Inhaltes

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