Interpretation "Entlarvung eines Bauernfängers" von Franz Kafka
Das Ich ist zum späten Abend noch auf eine vornehme Gesellschaft geladen. Es freut sich auf diese Vergnügung, hat allerdings noch einen lästigen Menschen am Hals, der bis zur Tür seines Gastgebers mitgeht. Das Ich würde sich am liebsten sofort verabschieden und die Treppe hochlaufen, doch sein Gegenüber sucht es aufzuhalten – dieser Mensch schweigt und stockt, als hätte er noch etwas Wichtiges zu erledigen. Das Ich bleibt solange auf der Gasse festgenagelt, bis ihm die rettende Einsicht kommt: Es braucht auf seinen Begleiter keine Rücksicht nehmen, da es sich nur um einen sogenannten Bauernfänger handelt, wie es sie in dieser Stadt allenthalben gibt.
Bleibt die Frage: Was ist ein Bauernfänger? Das Ich berichtet, dass diese Bauernfänger seine ersten Bekanntschaften in der noch fremden Großstadt gewesen seien. Diese Leute lauern an jeder Straßenecke, hinter jeder Litfass-Säule, sie drängen sich auf und versuchen, den Neuankömmling irgendwie übers Ohr zu hauen. Wie und inwiefern, wird nicht gesagt. Ob es sich um Raub oder Betrug oder einfach um Irreführung handelt, bleibt offen. Das Ich glaubte, mit dieser Sorte Mensch abgeschlossen zu haben, und muss jetzt feststellen, dass es doch wieder einem solchen Bauernfänger aufgesessen ist und ihn zu spät erkannt hat. Die unheimliche Großstadt hat immer noch einige Überraschungen und Gefahren parat. Man lernt eben niemals aus.