Biographie Annette von Droste-Hülshoff (Seite 3)

Als Durchbruch als Lyrikerin kann ihr erster Meersburger Aufenthalt bezeichnet werden. Hier, auf der am Bodensee gelegenen Burg, die ihr Schwager Laßberg bewohnt, entstehen von Oktober 1841 bis April 1842 – im Beisein des sie begleitenden Schücking – beinahe sechzig Gedichte. Bis zum Ende des Jahres kommen weitere dazu, darunter die Ballade vom magischen Hausgeist, der seinen Besitzer zum Pakt mit dem Bösen zwingt, Der Spiritus familiaris des Roßtäuschers.

Dieser ungeheure Ausbruch ihrer Schaffenskraft ist nicht zuletzt auf die Anwesenheit des jugendlichen Freundes zurückzuführen. "Mich dünkt, könnte ich Dich alle Tage nur zwei Minuten sehn – o Gott, nur einen Augenblick! –, dann würde ich jetzt singen, daß die Lachse aus dem Bodensee sprängen und die Möwen sich mir auf die Schulter setzten!" Herbe Liebeslyrik, die lange als solche nicht erkannt wird, verbindet sich in den Gedichten mit volksliedhaften Tönen und heiteren, manchmal auch sarkastischen Betrachtungen zur Zeit, vor allem aber mit Erinnerungen an ihre Heimat, die westfälische Heide, und den überall präsenten neuen Eindrücken der Bodenseelandschaft – poetische Sprachgebilde, die in der deutschen Dichtung ihresgleichen suchen:

"Dunkel, Dunkel im Moor,
Über der Heide Nacht,
Nur das rieselnde Rohr
Neben der Mühle wacht,
Und an des Rades Speichen
Schwellende Tropfen schleichen.
Unke kauert im Sumpf,
Igel im Grase duckt,
In dem modernden Stumpf
Schlafend die Kröte zuckt,
Und am sandigen Hange
Rollt sich fester die Schlange.
Was glimmt dort hinterm Ginster
Und bildet lichte Scheiben?
Nun wirft es Funkenflinster,
Die löschend niederstäuben;
Nun wieder alles dunkel –
[...]"

Büste der Annette von Droste-Hülshoff
Büste der Annette von Droste-Hülshoff neben dem Eingang zur Meersburg.
Foto: Clarissa Höschel
Gedenktafel für Annette von Droste-Hülshoff
Gedenktafel für Annette von Droste-Hülshoff am Eingang der Meersburg.
Foto: Clarissa Höschel