Interpretation "Sprachgitter" von Paul Celan

Die zwischen März 1955 und November 1958 verfassten insgesamt 33 Gedichte werden 1959 unter dem Titel "Sprachgitter" in Deutschland im renommierten S. Fischer Verlag veröffentlicht. Die Gedichte sind zu sechs Zyklen zusammengefasst, wobei die beiden Langgedichte "Stimmen" und "Engführung" den Rahmen bilden. Während "Engführung" sich relativ konkret mit den Themen Deportation und Vernichtung der Juden sowie Hiroshima auseinandersetzt und somit als Antwort oder Weiterführung der "Todesfuge" gelesen werden kann, steht das Schweigen im Mittelpunkt der übrigen eher kurzen und überwiegend verbarmen Gedichte.

Die hier gesammelten lyrischen Werke zeugen von Celans zunehmender Sprachskepsis. Statt melodischer Verszeilen und berückender Bilder finden sich Pausen und Aussparungen. In dem Bewusstsein, dass das Gedicht "seiner Daten eingedenk" bleiben muss, wie er es in seiner Rede zur Verleihung des Büchner-Preises 1960 ("Der Meridian") formuliert, bewegt sich Paul Celan zunehmend an der Grenze zum Verstummen und Verschweigen: "Gewiss, das Gedicht – das Gedicht heute – (...) zeigt, das ist unverkennbar, eine starke Neigung zum Verstummen. Es behauptet sich, erlauben Sie mir, nach so vielen extremen Formulierungen, nun auch diese –, das Gedicht behauptet sich am Rande seiner selbst; es ruft und holt sich, um bestehen zu können, unausgesetzt aus seinem Schon-nicht-mehr in sein Immernoch zurück. Das Gedicht ist einsam. Es ist einsam und unterwegs. Wer es schreibt, bleibt ihm mitgegeben."