Interpretation "Die Physiker" von Friedrich Dürrenmatt (Seite 2)

Typisch für Dürrenmatt ist die fatale Wendung des Zufalls, die Möbius’ gute Absichten letzten Endes vereiteln. Zwar ist auch Möbius moralisch gesehen alles andere als eine unbescholtene Figur; er mordet gar, um sich weiter in der Anstalt verstecken zu können. Damit verfolgt er jedoch seinen eigenen, höheren Plan: die Weltformel zu vernichten und die Menschheit zu retten. Womit er nicht hat rechnen können, ist, dass ausgerechnet die Ärztin die einzig wirklich Verrückte ist. All seine Rationalität hat dem Wissenschaftler nichts genutzt. Sein Schicksal liegt längst in den Händen einer Wahnsinnigen – so wie für Dürrenmatt eben die Welt im 20. Jahrhundert von Wahnsinnigen regiert wird.

Am Ende sitzen die drei Wissenschaftler, die verrückt gespielt, aber sich voreinander als normal zu erkennen gegeben haben, in der Anstalt fest. Sie können nun nicht mehr selbst entscheiden, wie sie vorgehen wollen, sie haben keinen Einfluss mehr auf die Wirkung der von ihnen in die Welt gesetzten Erfindungen. Was einmal erfunden ist, ist erfunden; was getan ist, lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Vielleicht liegen in diesem Punkt, wenn man etwa an die noch unvorhersehbaren Folgen der Gentechnik denkt, die aktuellen Qualitäten des Stückes, die weit über die Zeit des Kalten Krieges hinausgehen.

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