Ungekürztes Werk "Faust 2" von Johann Wolfgang Goethe (Seite 71)

wage zu befördern!

Trommeln und kriegerische Musik im Rücken der Zuschauer,

aus der Ferne, von der rechten Seite her.

MEPHISTOPHELES. Wie leicht ist das! – Hörst du die Trommeln fern?

FAUST. Schon wieder Krieg! Der Kluge hörts nicht gern.

MEPHISTOPHELES. Krieg oder Frieden: klug ist das Bemühen,

Zu seinem Vorteil etwas auszuziehen.

Man paßt, man merkt auf jedes günstige Nu.

Gelegenheit ist da: nun, Fauste, greife zu!

FAUST. Mit solchem Rätselkram verschone mich!

Und kurz und gut: was solls? Erkläre dich!

MEPHISTOPHELES. Auf meinem Zuge blieb mir nicht verborgen:

Der gute Kaiser schwebt in großen Sorgen;

Du kennst ihn ja! Als wir ihn unterhielten,

Ihm falschen Reichtum in die Hände spielten,

Da war die ganze Welt ihm feil.

Denn jung ward ihm der Thron zuteil,

Und ihm beliebt es, falsch zu schließen:

Es könne wohl zusammengehn

Und sei recht wünschenswert und schön,

Regieren und zugleich genießen!

FAUST. Ein großer Irrtum! Wer befehlen soll,

Muß im Befehlen Seligkeit empfinden;

Ihm ist die Brust von hohem Willen voll,

Doch was er will, es darfs kein Mensch ergründen.

Was er den Treusten in das Ohr geraunt,

Es ist getan, und alle Welt erstaunt.

So wird er stets der Allerhöchste sein,

Der Würdigste! – Genießen macht gemein.

MEPHISTOPHELES. So ist er nicht! Er selbst genoß, und wie!

Indes zerfiel das Reich in Anarchie,

Wo groß und klein sich kreuz und quer befehdeten

Und Brüder sich vertrieben, töteten,

Burg gegen Burg, Stadt gegen Stadt,

Zunft gegen Adel Fehde hatt,

Der Bischof mit Kapitel und Gemeinde:

Was sich nur ansah, waren Feinde.

In Kirchen Mord und Totschlag, vor den Toren

Ist jeder Kauf- und Wandersmann verloren.

Und allen wuchs die Kühnheit nicht gering;

Denn leben hieß: sich wehren! – Nun, das ging.

FAUST. Es ging – es hinkte, fiel, stand wieder auf!

Dann überschlug sichs, rollte plump zuhauf.

MEPHISTOPHELES. Und solchen Zustand durfte niemand schelten:

Ein jeder konnte, jeder wollte gelten.

Der Kleinste selbst, er galt für voll.

Doch wars zuletzt den Besten allzu toll.

Die Tüchtigen, sie standen auf mit Kraft

Und sagten: »Herr ist, der uns Ruhe schafft.

Der Kaiser kanns nicht, wills nicht – laßt uns wählen,

Den neuen Kaiser neu das Reich beseelen,

Indem er jeden sicherstellt,

In einer frischgeschaffnen Welt

Fried und Gerechtigkeit vermählen!«

FAUST. Das klingt sehr pfäffisch.

MEPHISTOPHELES.                    Pfaffen warens auch!

Sie sicherten den wohlgenährten Bauch;

Sie waren mehr als andere beteiligt.

Der Aufruhr schwoll, der Aufruhr ward geheiligt,

Und unser Kaiser, den wir froh gemacht,

Zieht sich hieher, vielleicht zur letzten Schlacht.

FAUST. Er jammert mich; er war so gut und offen.

MEPHISTOPHELES. Komm, sehn wir zu! der Lebende soll hoffen.

Befrein wir ihn aus diesem engen Tale!

Einmal gerettet, ist für tausend Male.

Wer weiß, wie noch die Würfel fallen!

Und hat er Glück, so hat er auch Vasallen.

Sie steigen über das Mittelgebirg herüber und beschauen

die Anordnung des Heeres im Tal.

Trommeln und Kriegsmusik schallt von unten auf.

MEPHISTOPHELES. Die Stellung, seh ich, gut ist sie genommen;

Wir treten zu, dann ist der Sieg vollkommen.

FAUST. Was kann da zu erwarten sein?

Trug! Zauberblendwerk! hohler Schein!

MEPHISTOPHELES. Kriegslist,

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