Ungekürztes Werk "Die Elixiere des Teufels" von E. T. A. Hoffmann (Seite 12)

wie er sich auch nicht im mindesten von Euphemien angezogen fühle sie niemals lieben könne und daher recht herzlich bitte, den Plan jeder näheren Verbindung mit ihr aufzugeben. Der Baron war nicht wenig bestürzt, seinen Lieblingsplan so beim ersten Schritt zertrümmert zu sehen; indessen war er um so weniger bemüht, noch mehr in Hermogen zu dringen, als er nicht einmal Euphemiens Gesinnungen hierüber wußte. Mit der ihm eignen Heiterkeit und Gemütlichkeit scherzte er bald über sein unglückliches Bemühen und meinte, daß Hermogen mit mir vielleicht die Idiosynkrasie teile, obgleich er nicht begreife, wie in einem schönen, interessanten Weibe solch ein zurückschreckendes Prinzip wohnen könne. Sein Verhältnis mit Euphemien blieb natürlicherweise dasselbe; er hatte sich so an sie gewöhnt, daß er keinen Tag zubringen konnte, ohne sie zu sehen. So kam es denn, daß er einmal in ganz heitrer, gemütlicher Laune ihr scherzend sagte, wie es nur einen einzigen Menschen in ihrem Zirkel gebe, der nicht in sie verliebt sei, nämlich Hermogen. – Er habe die Verbindung mit ihr, die er, der Baron, doch so herzlich gewünscht, hartnäckig ausgeschlagen.

Euphemie meinte, daß es auch wohl noch darauf angekommen sein würde, was sie zu der Verbindung gesagt, und daß ihr zwar jedes nähere Verhältnis mit dem Baron wünschenswert sei, aber nicht durch Hermogen, der ihr viel zu ernst und launisch wäre. Von der Zeit, als dieses Gespräch, das mir der Baron gleich wiedererzählte, stattgefunden, verdoppelte Euphemie ihre Aufmerksamkeit für den Baron und Aurelien: ja, in manchen leisen Andeutungen führte sie den Baron darauf, daß eine Verbindung mit ihm selbst dem Ideal, das sie sich nun einmal von einer glücklichen Ehe mache, ganz entspreche. Alles, was man rücksichts des Unterschieds der Jahre oder sonst entgegensetzen konnte, wußte sie auf die eindringlichste Weise zu widerlegen, und mit dem allem ging sie so leise, so fein, so geschickt Schritt vor Schritt vorwärts, daß der Baron glauben mußte, alle die Ideen, alle die Wünsche, die Euphemie gleichsam nur in sein Inneres hauchte, wären eben in seinem Innern emporgekeimt. Kräftiger, lebensvoller Natur, wie er war, fühlte er sich bald von der glühenden Leidenschaft des Jünglings ergriffen. Ich konnte den wilden Flug nicht mehr aufhalten, es war zu spät. Nicht lange dauerte es, so war Euphemie zum Erstaunen der Hauptstadt des Barons Gattin. Es war mir, als sei nun das bedrohliche, grauenhafte Wesen, das mich in der Ferne geängstigt, recht in mein Leben getreten und als müsse ich wachen und auf sorglicher Hut sein für meinen Freund und für mich selbst. – Hermogen nahm die Verheiratung seines Vaters mit kalter Gleichgültigkeit auf. Aurelie, das liebe, ahnungsvolle Kind, zerfloß in Tränen.

Bald nach der Verbindung sehnte sich Euphemie ins Gebirge; sie kam her, und ich muß gestehen, daß ihr Betragen in hoher Liebenswürdigkeit sich so ganz gleichblieb, daß sie mir unwillkürliche Bewunderung abnötigte. So verflossen zwei Jahre in ruhigem, ungestörten Lebensgenuß. Die beiden Winter brachten wir in der Hauptstadt zu, aber auch hier bewies die Baronesse dem Gemahl so viel unbegrenzte Ehrfurcht, so viel Aufmerksamkeit für seine leisesten Wünsche, daß der

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