Interpretation "Der Gehülfe" von Robert Walser (Seite 2)

Je weiter sich Tobler dem Ruin nähert, desto deutlicher wird aus dem kaufmännischen Angestellten des Hauses ein schnöder Diener, der sich um die Privatangelegenheiten der Familie kümmern muss und dafür bestenfalls noch ein Taschengeld erhält. Auch wenn Joseph sich die Erfindungen Toblers lange Zeit noch schönzureden versucht, weiß er insgeheim längst, dass es sich bei den Ideen seines Chefs um ausgemachten Humbug handelt und der wirtschaftliche Niedergang nicht aufzuhalten ist. Die Reklame-Uhr ist nicht wirklich eine Neuheit, der Krankenfahrstuhl ist unbequem und zu klein. Das Ende des Romans ist typisch für Walser: Jospeh verlässt das toblersche Anwesen und wendet sich einer berufslosen und ungewissen Zukunft zu.

Was Joseph trotz allem so lange im Haus des Erfinders hält, ist seine Sehnsucht nach bürgerlicher Sicherheit. Seine Schüchternheit und die damit einhergehende berufliche Erfolglosigkeit, zudem wohl auch seine soziale Herkunft, haben ihn bisher von einem Wohlstand ausgeschlossen, wie er ihn im Hause Tobler jetzt allzu sehr genießt. Joseph freut sich über die verschwenderischen Mahlzeiten der Familie, selbst die Zigarrenstumpen seines Chefs raucht er noch mit Stolz und Genuss. Hierin liegt vielleicht die Tragik des Gehülfen: Joseph sehnt sich nach dem Schutz des bürgerlichen Wohlstands – und muss doch dessen Untergang mit ansehen.

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