Ungekürztes Werk "Der hessische Landbote" von Georg Büchner (Seite 3)

und Wache halten an ihren Palästen. Mit ihren Trommeln übertäuben sie eure Seufzer, mit ihren Kolben zerschmettern sie euch den Schädel, wenn ihr zu denken wagt, daß ihr freie Menschen seid. Sie sind die gesetzlichen Mörder, welche die gesetzlichen Räuber schützen, – denkt an Södel! Eure Brüder, eure Kinder waren dort Brüder- und Vatermörder.

Für die Pensionen 480,000 Gulden.

Dafür werden die Beamten aufs Polster gelegt, wenn sie eine gewisse Zeit dem Staate treu gedient haben, d.h. wenn sie eifrige Handlanger bei der regelmäßig eingerichteten Schinderei gewesen, die man Ordnung und Gesetz heißt.

Für das Staatsministerium und den Staatsrat 174,600 Gulden.

Die größten Schurken stehen wohl jetzt allerwärts in Deutschland den Fürsten am nächsten, wenigstens im Großherzogtum. Da ist der Staatsminister du Thil, der jährlich mit 15,000 Gulden besoldet wird, – also wenn er 30 Jahre lang Minister bleibt, für sich allein fast eine halbe Million verschlingt; da ist der Staatsrat Knapp, den der junge Gagern mit Zustimmung der Landstände den Rädelsführer einer treu- und ehrlosen Partei nannte; da ist überhaupt kein Minister, der nicht zweifach meineidig wäre. Sie haben geschworen, keine Steuern ohne Bewilligung der Landstände zu erheben; aber wenn diese nicht blind verwilligen, so lösen sie dieselben auf – und abermals auf und erheben die unverwilligten Steuern fort. Sie haben geschworen, die Gerichte unangetastet und unabhängig zu lassen: aber Männer, wie den Präsidenten Minningerode, entfernen sie aus den Kanzleien und bringen Richter hinein, wie den Millionendieb Weller; oder man übergibt bürgerliche Sachen, wie die Sache des Dr. Schulz, den Kriegsgerichten und läßt den sogenannten Prinzen Emil bestimmen, wie viele Jahre der Angeklagte auf die Festung verurteilt werden soll. – Kommt ja ein ehrlicher Mann in einen Staatsrat, so wird er ausgestoßen. Könnte aber auch ein ehrlicher Mann jetzo Minister sein oder bleiben, so wäre er, wie die Sachen stehn in Deutschland, nur eine Drahtpuppe, an der die fürstlichen Puppe zieht, und an dem fürstlichen Popanz zieht wieder seine Frau und ihr Günstling, oder sein Halbbruder, oder ein Kammerdiener oder ein Kutscher – oder alle zusammen. In Deutschland stehet es jetzt, wie der Prophet Micha schreibt, Kap. 7, V. 3 und 4: »Die Gewaltigen raten nach ihrem Mutwillen, Schaden zu tun, und drehen es, wie sie es wollen. Der Beste unter ihnen ist wie ein Dorn, und der Redlichste wie eine Hecke.« Ihr müßt die Dörner und Hecken teuer bezahlen, denn ihr müßt ferner für das großherzogliche Haus und den Hofstaat 827, 772 Gulden bezahlen.

Die Anstalten, die Leute, von denen ich bis jetzt gesprochen, sind nur Werkzeuge, sind nur Diener. Sie tun nichts in ihrem Namen, unter der Ernennung zu ihrem Amt steht ein L., das bedeutet Ludwig von Gottes Gnaden und sie sprechen mit Ehrfurcht: »im Namen des Großherzogs.« Dies ist ihr Feldgeschrei, wenn sie euer Gerät versteigern, euer Vieh wegtreiben, euch in den Kerker werfen. Im Namen des Großherzogs sagen sie, und der Mensch, den sie so nennen, heißt: unverletzlich, heilig, souverän, königliche Hoheit. Aber tretet zu dem Menschenkinde und blickt durch seinen Fürstenmantel. Es ißt, wenn es hungert, und schläft

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