Interpretation "Aus dem Leben eines Taugenichts und Erzählungen" von Joseph von Eichendorff (Seite 4)

Mag man 'romantische Weltflucht' darin sehen: für Eichendorff ist die politische Realität eine Sackgasse. Weder für den dekadenten Adel und sein Festhalten an feudalen Privilegien kann und will er Partei ergreifen, noch scheint ihm die Revolution eine Lösung zu bringen, deren zerstörerischen Kräfte ihm nur unheilstiftend erscheinen. In der Novelle Das Schloß Dürande findet seine zerrissene Position ihren literarischen Ausdruck: zwei junge Menschen und ihre Liebe werden zwischen den unvereinbaren Fronten von Aristokratismus und Pöbelherrschaft zermahlen.

Joseph von Eichendorff ist vor allem ein vehementer Gegner des Fortschritts, was ihm den Ruf eines reaktionären Autors eingetragen hat. Dass er alles andere als ein Revolutionär ist, darf nicht vergessen lassen, dass seine Position, wie konservativ diese auch immer sein mag, in keinem Moment als eine nutznießerische Bejahung der gegebenen Zustände verstanden werden darf. Seine anti-bürgerliche Haltung ist bereits im Taugenichts unmißverständlich hervorgetreten; auch in seinen späteren Werken hat er immer das Ängstliche, Bornierte, Kleinkarierte angegriffen und der Lächerlichkeit preisgegeben. Das Philistertum ist ihm verhasst.

Im politischen Klima des Vormärz kann er sich allerdings mit den liberalen und nationalen Kräften nicht anfreunden. Die Prosastücke Auch ich war in Arkadien und Libertas und ihre Freier entlarven das Phrasenhafte, Marktschreierische und oft Eigensüchtige der aufkommenden demokratischen Bewegung. Deutlich wird, dass es weniger der Inhalt ist, den Eichendorff anprangert, als vielmehr die sogenannten Volksvertreter und die Art und Weise ihres Vorgehens, dessen Hilflosigkeit er in der Parodie auf das Hambacher Fest in Form einer Walpurgisnacht (Auch ich war in Arkadien) schonungslos ins Lächerliche zieht. Auch Doktor Magog, die Karikatur eines Demagogen, als Befreier der Libertas tritt für den Fortschritt ein, hält aber die wirkliche Freiheit, als er ihr begegnet, für die Elfenkönigin.

Mit klarem Blick erkennt und befehdet Eichendorff den damals noch als progressiv geltenden Nationalismus in seiner burschenschaftlich-spießigen Grundeinstellung. "Als ich meinen letzten Ausflug machte, war eben die Deutschheit aufgekommen und stand in ihrer dicksten Blüte. Ich kehrte daher auch diesmal nach Möglichkeit das Deutsche heraus, ja ich hatte mein gescheiteltes Haar, wie Albrecht Dürer, schlicht herabwachsen lassen und mir bei meinem Schneider [...] einen gewissen germanischen Reiseschnitt besonders bestellt."

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