Ungekürztes Werk "Der Stechlin" von Theodor Fontane (Seite 175)

Worten waren beide bis an die Rampe gekommen, auf der Engelke schon stand und auf die Gräfin wartete. Lorenzen empfahl sich. Aber auch Melusine wollte nicht gleich ins Museum hinauf, zog es vielmehr vor, erst unten in das große Gesellschaftszimmer einzutreten und sich da zu wärmen.

Engelke machte sich auch sofort am Kamin zu schaffen, was der Gräfin gut paßte, weil sie noch manches fragen wollte.

»Das ist recht, Engelke, daß Sie Kohlen aufschütten und auch Kienäpfel. Ich freue mich immer, wenn es so lustig brennt. Und oben im ›Museum‹ wird es wohl noch kalt sein.«

»Ja, kalt ist es, Frau Gräfin. Aber mit der Kälte, na, das ging’ am Ende noch, und der viele Staub, der oben liegt, das ginge vielleicht auch noch; Staub wärmt. Und die Dachtraufen und Wetterhähne tun auch keinem Menschen was ...«

»Aber was ist denn sonst noch?«

»Ach, ich meine bloß die verdammten Dinger, die Spinnen ...«

»Um Gottes willen, Spinnen?« erschrak Melusine.

»Ja, Spinnen, Frau Gräfin. Aber so ganz schlimme sind nich dabei. Solche mit’m Kreuz oben hab’ ich bei uns noch nicht gesehn. Bloß solche, die ›Schneider‹ heißen.«

»Ach, das sind die, die die langen Beine haben.«

»Ja, lange Beine haben sie. Aber sie tun einem nichts. Und eigentlich sind es sehr ängstliche Tiere und verkriechen sich, wenn sie hören, daß aufgeschlossen wird, und bloß wenn Krippenstapel kommt, dann kommen sie alle raus un kucken sich um. Krippenstapeln, den kennen sie ganz gut, und ich hab’ auch mal gesehn, daß er ihnen Fliegen mitbringt, und machen sich dann gleich drüber her.«

»Aber das ist ja grausam. Ist es denn ein guter Mensch?«

»Oh, sehr gut, Frau Gräfin. Und als ich ihm mal so was sagte, sagte er: ›Ja, Engelke, das is nu mal so; einer frißt den andern auf.‹«

Das Gespräch setzte sich noch eine Weile fort; dann sagte Melusine: »Nun, Engelke, ist es aber wohl die höchste Zeit für das Museum, sonst komm’ ich zu spät und seh’ und höre gar nichts mehr. Ich bin nun auch wieder warm geworden.« Dabei erhob sie sich und stieg die Doppeltreppe hinauf und klopfte. Sie wollte nicht gleich eintreten.

Auf ihr Klopfen wurde sehr bald von innen her geöffnet, und Krippenstapel, mit der Hornbrille, stand vor ihr. Er verbeugte sich und trat zurück, um den Platz freizugeben. Aber Melusine, deren Angst vor ihm wiederkehrte, zauderte, was eine momentane Verlegenheit schuf. Inzwischen war aber auch Dubslav herangekommen. »Ich fürchtete schon, daß Lorenzen Sie nicht herausgeben würde. Seine Gelegenheiten, hier in Stechlin ein Gespräch zu führen, sind nicht groß, und nun gar ein Gespräch mit Gräfin Melusine! Nun, er hat es gnädig gemacht. Jetzt aber, Gräfin, halten Sie gefälligst Umschau; vielleicht daß Lorenzen schon geplaudert hat oder gar Engelke.«

»So ganz im Dunkeln bin ich nicht mehr; ein Küstriner Schloßfenster, ein paar Kirchendachreliquien und dazu Wetterhähne – lauter Gegenstände (denn ich bin auch ein bißchen fürs Aparte), zu deren Auswahl ich Ihnen gratuliere.«

»Wofür ich der Frau Gräfin dankbar bin, ohne sonderlich überrascht zu sein. Ich wußte, Damen wie Gräfin Ghiberti haben Sinn für derlei Dinge. Darf ich Ihnen übrigens zunächst

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