Ungekürztes Werk "Faust 1" von Johann Wolfgang Goethe (Seite 26)

ein andrer viele Jahre streicht,

Versteht das Pülslein wohl zu drücken

Und fasset sie, mit feurig-schlauen Blicken,

Wohl um die schlanke Hüfte frei,

Zu sehn, wie fest geschnürt sie sei.

SCHÜLER.

Das sieht schon besser aus! Man sieht doch wo und wie.

MEPHISTOPHELES. Grau, teurer Freund, ist alle Theorie,

Und grün des Lebens goldner Baum.

SCHÜLER. Ich schwör Euch zu: mir ists als wie ein Traum!

Dürft ich Euch wohl ein andermal beschweren,

Von Eurer Weisheit auf den Grund zu hören?

MEPHISTOPHELES. Was ich vermag, soll gern geschehn.

SCHÜLER. Ich kann unmöglich wieder gehn,

Ich muß Euch noch mein Stammbuch überreichen:

Gönn Eure Gunst mir dieses Zeichen!

MEPHISTOPHELES. Sehr wohl.

Er schreibt und gibts.

SCHÜLER liest.

Eritis sicut Deus, scientes bonum et malum.

Machts ehrerbietig zu und empfiehlt sich.

MEPHISTOPHELES.

Folg nur dem alten Spruch und meiner Muhme, der Schlange,

Dir wird gewiß einmal bei deiner Gottähnlichkeit bange!

 

Faust tritt auf.

 

FAUST. Wohin soll es nun gehn?

MEPHISTOPHELES.                     Wohin es dir gefällt!

Wir sehn die kleine, dann die große Welt.

Mit welcher Freude, welchem Nutzen,

Wirst du den Cursum durchschmarutzen!

FAUST. Allein bei meinem langen Bart

Fehlt mir die leichte Lebensart.

Es wird mir der Versuch nicht glücken;

Ich wußte nie mich in die Welt zu schicken,

Vor andern fühl' ich mich so klein;

Ich werde stets verlegen sein.

MEPHISTOPHELES. Mein guter Freund, das wird sich alles geben:

Sobald du dir vertraust, sobald weißt du zu leben.

FAUST. Wie kommen wir denn aus dem Haus?

Wo hast du Pferde, Knecht und Wagen?

MEPHISTOPHELES. Wir breiten nur den Mantel aus,

Der soll uns durch die Lüfte tragen.

Du nimmst bei diesem kühnen Schritt

Nur keinen großen Bündel mit.

Ein bißchen Feuerluft, die ich bereiten werde,

Hebt uns behend von dieser Erde,

Und sind wir leicht, so geht es schnell hinauf –

Ich gratuliere dir zum neuen Lebenslauf!

Auerbachs Keller in Leipzig

 

Zeche lustiger Gesellen.

 

FROSCH. Will keiner trinken? keiner lachen?

Ich will euch lehren Gesichter machen!

Ihr seid ja heut wie nasses Stroh

Und brennt sonst immer lichterloh.

BRANDER. Das liegt an dir: du bringst ja nichts herbei,

Nicht eine Dummheit, keine Sauerei.

FROSCH gießt ihm ein Glas Wein über den Kopf.

Da hast du beides!

BRANDER.                       Doppelt Schwein!

FROSCH.                                                      Ihr wollt es ja, man soll es sein!

SIEBEL. Zur Tür hinaus, wer sich entzweit!

Mit offner Brust singt Runda, sauft und schreit!

Auf! holla! ho!

ALTMAYER.    Weh mir, ich bin verloren!

Baumwolle her! der Kerl sprengt mir die Ohren.

SIEBEL. Wenn das Gewölbe widerschallt,

Fühlt man erst recht des Basses Grundgewalt.

FROSCH. So recht! hinaus mit dem, der etwas übelnimmt!

A! tara lara da!

ALTMAYER.    A! tara lara da!

FROSCH.                                 Die Kehlen sind gestimmt.

Singt: Das liebe Heilge Römsche Reich,

Wie hälts nur noch zusammen?

BRANDER. Ein garstig Lied! Pfui! ein politisch Lied

Ein leidig Lied! Dankt Gott mit jedem Morgen,

Daß ihr nicht braucht fürs Römsche Reich zu sorgen!

Ich halt es wenigstens für reichlichen Gewinn,

Daß ich nicht Kaiser oder Kanzler bin.

Doch muß auch uns ein Oberhaupt nicht fehlen:

Wir wollen einen Papst erwählen!

Ihr wißt, welch eine Qualität

Den Ausschlag gibt, den Mann erhöht.

FROSCH singt:Schwing dich auf, Frau

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