Ungekürztes Werk "Faust 1" von Johann Wolfgang Goethe (Seite 30)

schöne Land!

FROSCH. Weinberge! Seh ich recht?

SIEBEL.                                                Und Trauben gleich zur Hand!

BRANDER. Hier unter diesem grünen Laube,

Seht, welch ein Stock! seht, welche Traube!

Er faßt Siebeln bei der Nase.

Die andern tun es wechselseitig und heben die Messer.

MEPHISTOPHELES wie oben. Irrtum, laß los der Augen Band!

Und merkt euch, wie der Teufel spaße!

Er verschwindet mit Faust, die Gesellen fahren auseinander.

SIEBEL. Was gibts?

ALTMAYER.              Wie?

FROSCH.                            War das deine Nase?

BRANDER zu Siebel. Und deine hab ich in der Hand!

ALTMAYER. Es war ein Schlag, der ging durch alle Glieder!

Schafft einen Stuhl, ich sinke nieder!

FROSCH. Nein, sagt mir nur: was ist geschehn?

SIEBEL. Wo ist der Kerl? Wenn ich ihn spüre,

Er soll mir nicht lebendig gehn!

ALTMAYER. Ich hab ihn selbst hinaus zur Kellertüre –

Auf einem Fasse reiten sehn – –

Es liegt mir bleischwer in den Füßen.

Sich nach dem Tische wendend.

Mein! Sollte wohl der Wein noch fließen?

SIEBEL. Betrug war alles, Lug und Schein!

FROSCH. Mir deuchte doch, als tränk ich Wein.

BRANDER. Aber wie war es mit den Trauben?

ALTMAYER. Nun sag mir eins, man soll kein Wunder glauben!

Hexenküche

 

Auf einem niedrigen Herde steht ein großer Kessel über dem Feuer.

In dem Dampfe, der davon in die Höhe steigt, zeigen sich

verschiedene Gestalten. Eine Meerkatze sitzt bei dem Kessel

und schäumt ihn und sorgt, daß er nicht überläuft. Der Meerkater mit

den Jungen sitzt darneben und wärmt sich. Wände und Decke sind mit den

seltsamsten Hexenhausrat ausgeschmückt.

 

Faust, Mephistopheles.

 

FAUST. Mir widersteht das tolle Zauberwesen!

Versprichst du mir, ich soll genesen

In diesem Wust von Raserei?

Verlang ich Rat von einem alten Weibe?

Und schafft die Sudelköcherei

Wohl dreißig Jahre mir vom Leibe?

Weh mir, wenn du nichts Bessers weißt!

Schon ist die Hoffnung mir verschwunden.

Hat die Natur und hat ein edler Geist

Nicht irgendeinen Balsam ausgefunden?

MEPHISTOPHELES. Mein Freund, nun sprichst du wieder klug!

Dich zu verjüngen, gibts auch ein natürlich Mittel;

Allein es steht in einem andern Buch

Und ist ein wunderlich Kapitel.

FAUST. Ich will es wissen!

MEPHISTOPHELES.          Gut! Ein Mittel, ohne Geld

Und Arzt und Zauberei zu haben:

Begib dich gleich hinaus aufs Feld,

Fang an zu hacken und zu graben,

Erhalte dich und deinen Sinn

In einem ganz beschränkten Kreise,

Ernähre dich mit ungemischter Speise,

Leb mit dem Vieh als Vieh und acht es nicht für Raub,

Den Acker, den du erntest, selbst zu düngen!

Das ist das beste Mittel, glaub,

Auf achtzig Jahr dich zu verjüngen!

FAUST. Das bin ich nicht gewöhnt, ich kann mich nicht bequemen,

Den Spaten in die Hand zu nehmen;

Das enge Leben steht mir gar nicht an.

MEPHISTOPHELES. So muß denn doch die Hexe dran!

FAUST. Warum denn just das alte Weib?

Kannst du den Trank nicht selber brauen?

MEPHISTOPHELES. Das wär ein schöner Zeitvertreib!

Ich wollt indes wohl tausend Brücken bauen.

Nicht Kunst und Wissenschaft allein,

Geduld will bei dem Werke sein.

Ein stiller Geist ist jahrelang geschäftig,

Die Zeit nur macht die feine Gärung kräftig.

Und alles, was dazu gehört,

Es sind gar wunderbare Sachen!

Der Teufel

Seiten