Ungekürztes Werk "Faust 2" von Johann Wolfgang Goethe (Seite 75)

Plan erschüttert.

FAUST auf den Mittelsten deutend.

So folge denn auch dieser deinem Wort!

Er ist behend, reißt alles mit sich fort.

HABEBALD tritt vor.

Dem Heldenmut der Kaiserscharen

Soll sich der Durst nach Beute paaren,

Und allen sei das Ziel gestellt:

Des Gegenkaisers reiches Zelt!

Er prahlt nicht lang auf seinem Sitze;

Ich ordne mich dem Phalanx an die Spitze.

EILEBEUTE, Marketenderin, sich an ihn anschmiegend.

Bin ich auch ihm nicht angeweibt,

Er mir der liebste Buhle bleibt.

Für uns ist solch ein Herbst gereift!

Die Frau ist grimmig, wenn sie greift,

Ist ohne Schonung, wenn sie raubt;

Im Sieg voran! und alles ist erlaubt. Beide ab.

OBERGENERAL. Auf unsre Linke, wie vorauszusehn,

Stürzt ihre Rechte kräftig. Widerstehn

Wird Mann für Mann dem wütenden Beginnen,

Den engen Paß des Felswegs zu gewinnen.

FAUST winkt nach der Linken.

So bitte, Herr, auch diesen zu bemerken:

Es schadet nichts, wenn Starke sich verstärken.

HALTEFEST tritt vor.

Dem linken Flügel keine Sorgen!

Da, wo ich bin, ist der Besitz geborgen;

In ihm bewähret sich der Alte:

Kein Strahlblitz spaltet, was ich halte. Ab.

MEPHISTOPHELES von oben herunterkommend.

Nun schauet, wie im Hintergrunde

Aus jedem zackigen Felsenschlunde

Bewaffnete hervor sich drängen,

Die schmalen Pfade zu verengen,

Mit Helm und Harnisch, Schwertern, Schilden

In unserm Rücken eine Mauer bilden,

Den Wink erwartend, zuzuschlagen!

Leise zu den Wissenden.

Woher das kommt, müßt ihr nicht fragen!

Ich habe freilich nicht gesäumt,

Die Waffensäle ringsum ausgeräumt:

Da standen sie zu Fuß, zu Pferde,

Als wären sie noch Herrn der Erde;

Sonst warens Ritter, König, Kaiser,

Jetzt sind es nichts als leere Schneckenhäuser;

Gar manch Gespenst hat sich darein geputzt,

Das Mittelalter lebhaft aufgestutzt.

Welch Teufelchen auch drinne steckt,

Für diesmal macht es doch Effekt. Laut.

Hört, wie sie sich voraus erbosen,

Blechklappernd aneinander stoßen!

Auch flattern Fahnenfetzen bei Standarten,

Die frischer Lüftchen ungeduldig harrten.

Bedenkt: hier ist ein altes Volk bereit

Und mischte gern sich auch zum neuen Streit.

Furchtbarer Posaunenschall von oben, im feindlichen Heere

merkliche Schwankung.

FAUST. Der Horizont hat sich verdunkelt,

Nur hie und da bedeutend funkelt

Ein roter, ahnungsvoller Schein;

Schon blutig blinken die Gewehre,

Der Fels, der Wald, die Atmosphäre,

Der ganze Himmel mischt sich ein.

MEPHISTOPHELES. Die rechte Flanke hält sich kräftig;

Doch seh ich ragend unter diesen

Hans Raufbold, den behenden Riesen,

Auf seine Weise rasch-geschäftig.

KAISER. Erst sah ich einen Arm erhoben,

Jetzt seh ich schon ein Dutzend toben;

Naturgemäß geschieht es nicht.

FAUST. Vernahmst du nichts von Nebelstreifen,

Die auf Siziliens Küsten schweifen?

Dort, schwankend-klar, im Tageslicht,

Erhoben zu den Mittellüften,

Gespiegelt in besondern Düften,

Erscheint ein seltsames Gesicht:

Da schwanken Städte hin und wieder,

Da steigen Gärten auf und nieder,

Wie Bild um Bild den Äther bricht.

KAISER. Doch wie bedenklich! Alle Spitzen

Der hohen Speere seh ich blitzen,

Auf unsers Phalanx blanken Lanzen

Seh ich behende Flämmchen tanzen:

Das scheint mir gar zu geisterhaft.

FAUST. Verzeih, o Herr, das sind die Spuren

Verschollner geistiger Naturen,

Ein Widerschein der Dioskuren,

Bei denen alle Schiffer schwuren:

Sie sammeln hier die letzte Kraft.

KAISER. Doch sage: wem sind wir verpflichtet,

Daß die

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