Ungekürztes Werk "Lyrik in Auswahl" von Johann Wolfgang Goethe (Seite 13)

[Gretchens Lied aus Faust]

Meine Ruh ist hin,

Mein Herz ist schwer,

Ich finde sie nimmer

Und nimmermehr.

Wo ich ihn nicht hab,

Ist mir das Grab,

Die ganze Welt

Ist mir vergällt.

Mein armer Kopf

Ist mir verrückt,

Mein armer Sinn

Ist mir zerstückt.

Meine Ruh ist hin,

Mein Herz ist schwer,

Ich finde sie nimmer

Und nimmermehr.

Nach ihm nur schau ich

Zum Fenster hinaus,

Nach ihm nur geh ich

Aus dem Haus.

Sein hoher Gang,

Sein’ edle Gestalt,

Seines Mundes Lächlen,

Seiner Augen Gewalt

Und seiner Rede

Zauberfluß,

Sein Händedruck

Und ach sein Kuß.

Meine Ruh ist hin,

Mein Herz ist schwer,

Ich finde sie nimmer

Und nimmermehr.

Mein Schoß! Gott! drängt

Sich nach ihm hin.

Ach dürft ich fassen

Und halten ihn.

Und küssen ihn,

So wie ich wollt,

An seinen Küssen

Vergehen sollt.

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