Ungekürztes Werk "Der Scheich von Alexandria und seine Sklaven" von Wilhelm Hauff (Seite 25)
Stirn und errötete vor Beschämung: »Hund von einem Zwerg!« rief er. »Wie wagst du es, deinem Herrn dies anzutun? Soll ich dir deinen großen Kopf abhacken lassen zur Strafe für deine schlechte Kocherei?«
»Ach Herr, um des Himmels willen, ich habe das Gericht doch zubereitet nach den Regeln der Kunst; es kann gewiß nichts fehlen!« So sprach der Zwerg und zitterte.
»Es ist eine Lüge, du Bube!« erwiderte der Herzog und stieß ihn mit dem Fuße von sich. »Mein Gast würde sonst nicht sagen, es fehlt etwas. Dich selbst will ich zerhacken und backen lassen in eine Pastete!«
»Habt Mitleid!« rief der Kleine und rutschte auf den Knien zu dem Gast, dessen Füße er umfaßte. »Sagt, was fehlt an dieser Speise, daß sie Eurem Gaumen nicht zusagt? Lasset mich nicht sterben wegen einer Handvoll Fleisch und Mehl.«
»Das wird dir wenig helfen, mein lieber Nase«, antwortete der Fremde mit Lachen. »Das habe ich mir schon gestern gedacht, daß du diese Speise nicht machen kannst wie mein Koch. Wisse, es fehlt ein Kräutlein, das man hierzulande gar nicht kennt, das Kraut Niesmitlust; ohne dieses bleibt die Pastete ohne Würze, und dein Herr wird sie nie essen wie ich.«
Da geriet der Herzog in Frankistan in Wut. »Und doch werde ich sie essen!« rief er mit funkelnden Augen. »Denn ich schwöre auf meine fürstliche Ehre, entweder zeige ich Euch morgen die Pastete, wie Ihr sie verlanget – oder den Kopf dieses Burschen, aufgespießt auf dem Tor meines Palastes. Geh, du Hund; noch einmal gebe ich dir vierundzwanzig Stunden Zeit.«
So rief der Herzog. Der Zwerg aber ging wieder in sein Kämmerlein und klagte der Gans sein Schicksal und daß er sterben müsse, denn von dem Kraut habe er nie gehört.
»Ist es nur dies«, sprach sie, »da kann ich dir schon helfen; denn mein Vater lehrte mich alle Kräuter kennen. Wohl wärst du vielleicht zu einer andern Zeit des Todes gewesen, aber glücklicherweise ist es gerade Neumond, und um diese Zeit blüht das Kräutlein. Doch sage an, sind alte Kastanienbäume in der Nähe des Palastes?«
»O ja«, erwiderte Nase mit leichterem Herzen; »am See, zweihundert Schritte vom Haus, steht eine ganze Gruppe – doch warum diese?«
»Nur am Fuße alter Kastanien blüht das Kräutlein«, sagte Mimi; »darum laß uns keine Zeit versäumen und suchen, was du brauchst. Nimm mich auf deinen Arm, und setze mich im Freien nieder; ich will dir suchen helfen.«
Er tat, wie sie gesagt, und ging mit ihr zur Pforte des Palastes. Dort aber streckte der Türhüter sein Gewehr vor und sprach: »Mein guter Nase, mit dir ist's vorbei. Aus dem Hause darfst du nicht; ich habe den strengsten Befehl darüber.«
»Aber in den Garten kann ich doch wohl gehen?« erwiderte der Zwerg. »Sei so gut und schicke einen deiner Gesellen zum Aufseher des Palastes und frage, ob ich nicht in den Garten gehen und Kräuter suchen dürfe.«
Der Türhüter tat also, und es wurde erlaubt, denn der Garten hatte hohe Mauern, und es war an kein Entkommen daraus zu denken. Als aber Nase mit der Gans Mimi ins Freie