Ungekürztes Werk "Das Schloß" von Franz Kafka (Seite 32)

was Sie mir sagen wollen, aufgeschoben werden, bis ich vom Gemeindevorsteher zurückkomme. Ich habe eine wichtige Besprechung dort.” – “Diese ist wichtiger, glauben Sie mir, Herr Landvermesser”, sagte die Wirtin, “dort handelt es sich wahrscheinlich nur um eine Arbeit, hier aber handelt es sich um einen Menschen, um Frieda, meine liebe Magd.” – “Ach so”, sagte K., “dann freilich; nur weiß ich nicht, warum man diese Angelegenheit nicht uns beiden überläßt.” – “Aus Liebe, aus Sorge”, sagte die Wirtin und zog Friedas Kopf, die stehend nur bis zur Schulter der sitzenden Wirtin reichte, an sich. “Da Frieda zu Ihnen ein solches Vertrauen hat”, sagte K., “kann auch ich nicht anders. Und da Frieda erst vor kurzem meine Gehilfen treu genannt hat, so sind wir ja Freunde unter uns. Dann kann ich Ihnen also, Frau Wirtin, sagen, daß ich es für das beste halten würde, wenn Frieda und ich heiraten, und zwar sehr bald. Leider, leider werde ich Frieda dadurch nicht ersetzen können, was sie durch mich verloren hat, die Stellung im Herrenhof und die Freundschaft Klamms.” Frieda hob ihr Gesicht, ihre Augen waren voll Tränen, nichts von Sieghaftigkeit war in ihnen. “Warum ich? Warum bin ich gerade dazu ausersehen?” – “Wie?” fragten K. und die Wirtin gleichzeitig. “Sie ist verwirrt, das arme Kind”, sagte die Wirtin, “verwirrt vom Zusammentreffen zu vielen Glücks und Unglücks.” Und wie zur Bestätigung dieser Worte stürzte sich Frieda jetzt auf K., küßte ihn wild, als sei niemand sonst im Zimmer, und fiel dann weinend, immer noch ihn umarmend, vor ihm in die Knie. Während K. mit beiden Händen Friedas Haar streichelte, fragte er die Wirtin: “Sie scheinen mir recht zu geben?” – “Sie sind ein Ehrenmann”, sagte die Wirtin, auch sie hatte Tränen in der Stimme, sah ein wenig verfallen aus und atmete schwer; trotzdem fand sie noch die Kraft, zu sagen: “Es werden jetzt nur gewisse Sicherungen zu bedenken sein, die Sie Frieda geben müssen, denn wie groß auch nun meine Achtung vor Ihnen ist, so sind Sie doch ein Fremder, können sich auf niemanden berufen, Ihre häuslichen Verhältnisse sind hier unbekannt. Sicherungen sind also nötig, das werden Sie einsehen, lieber Herr Landvermesser, haben Sie doch selbst hervorgehoben, wieviel Frieda durch die Verbindung mit Ihnen immerhin auch verliert.” – “Gewiß, Sicherungen, natürlich”, sagte K., “die werden am besten wohl vor dem Notar gegeben werden, aber auch andere gräfliche Behörden werden sich ja vielleicht noch einmischen. Übrigens habe auch ich noch vor der Hochzeit unbedingt etwas zu erledigen. Ich muß mit Klamm sprechen.” – “Das ist unmöglich”, sagte Frieda, erhob sich ein wenig und drückte sich an K., “was für ein Gedanke!” – “Es muß sein”, sagte K. “Wenn es mir unmöglich ist, es zu erwirken, mußt du es tun.” – “Ich kann nicht, K., ich kann nicht”, sagte Frieda, “niemals wird Klamm mit dir reden. Wie kannst du nur glauben, daß Klamm mit dir reden wird!” – “Und mit dir würde er reden?” fragte K. “Auch nicht”, sagte Frieda, “nicht mit dir, nicht mit

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