Ungekürztes Werk "Der Schuß von der Kanzel" von Conrad Ferdinand Meyer (Seite 259)

dein Atemzug und deine Seele. Wenn du willst und du gebietest, dann!‹

Astorre sprach, sein Weib zärtlich beruhigend, gegen Diana: ›Sie wird es tun. Möge dich ihre Demut versöhnen! und die meinige! Sei mein Gast heute nacht und bleibe meinem Hause günstig!‹ Er wendete sich zu Ezzelin, dankte ihm ehrerbietig für Gericht und Gnade, verneigte sich und entführte sein Weib. Auf der Schwelle aber wandte er sich noch fragend gegen Diana: ›Und in welcher Tracht wirst du bei uns erscheinen, daß wir dich kennen und dir Ehre bezeigen?‹

Diese lächelte verächtlich. Wieder wendete sie sich gegen Antiope. ›Kommen werde ich als die, welche ich mich nenne und welche ich bin: die Unberührbare, die Jungfräuliche!‹ sagte sie stolz. Dann wiederholte sie: ›Antiope, denke daran: reuig und demütig!‹

›Du meinst es ehrlich, Diana? Du führst nichts im Schilde?‹ zweifelte der Tyrann, da ihm die Pizzaguerra allein gegenüberstand.

›Nichts‹, erwiderte sie, jede Beteuerung verschmähend.

›Und was wird aus dir, Diana?‹ fragte er.

›Ezzelin‹, antwortete sie bitter, ›vor diesem deinem Richterstuhle hat mein Vater die Ehre und Rache seines Kindes um ein paar Erzklumpen verschachert. Ich bin nicht wert, daß mich die Sonne bescheine. Für solche ist die Zelle!‹ Und sie verließ den Saal.

›Allervortrefflichster Ohm!‹ jubelte Ascanio. ›Du vermählst das seligste Paar in Padua und machst aus einer gefährlichen Geschichte ein reizendes Märchen, womit ich einst, als ein ehrwürdiger Greis, meine Enkel und Enkelinnen am Herdfeuer ergötzen werde!‹

›Idyllischer Neffe!‹ spottete der Tyrann. Er trat ans Fenster und blickte auf den Platz hinunter, wo die Menge noch in fieberhafter Neugierde standhielt. Ezzelin hatte Befehl gegeben, die vor ihn Beschiedenen durch eine Hinterpforte zu entlassen.

›Paduaner‹, redete er jetzt mit gewaltiger Stimme und Tausende schwiegen wie eine Einöde. ›Ich habe den Handel untersucht. Er war verwickelt und die Schuld geteilt. Ich vergab, denn ich bin zur Milde geneigt jedesmal, wo die Majestät des Reiches nicht berührt wird. Heute abend halten Hochzeit mit Masken Astorre Vicedomini und Antiope Canossa. Ich, Ezzelin, gebe das Fest und lade euch alle. Lasset es euch schmecken, ich bin der Wirt! Euch gehören Schenke und Gasse! Den Palast Vicedomini aber betrete noch gefährde mir keiner, sonst, bei meiner Hand! – und jetzt kehre ruhig jeder in das Seinige; wenn ihr mich lieb habet!‹

Ein unbestimmtes Gemurmel drang empor. Es verrieselte und verrann.

›Wie sie dich lieben!‹ scherzte Ascanio.«

Dante schöpfte Atem. Dann endigte er in raschen Sätzen.

»Nachdem der Tyrann sein Gericht gehalten hatte, verritt er um Mittag nach einem seiner Kastelle, wo er baute. Er begehrte rechtzeitig nach Padua zurückzukehren, um die vor Diana sich demütigende Antiope zu betrachten.

Aber gegen Voraussicht und Willen wurde er auf der mehrere Miglien von der Stadt entfernten Burg festgehalten. Dorthin kam ihm ein staubbedeckter Sarazene nachgesprengt und überreichte ihm ein eigenhändiges Schreiben des Kaisers, das umgehende Antwort verlangte. Die Sache war von Bedeutung. Ezzelin hatte vor kurzem eine kaiserliche Burg im Ferrarischen, in deren Befehlshaber, einem Sizilianer, sein Scharfblick den Verräter argwöhnte, nächtlicherweile überfallen, eingenommen und den zweideutigen kaiserlichen Burgvogt in Fesseln gelegt. Nun verlangte der Staufe Rechenschaft über diesen klugen, aber verwegenen Eingriff in seinen

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