Ungekürztes Werk "Mozart auf der Reise nach Prag" von Eduard Mörike (Seite 122)

mit Schweinefleisch aufwärmen.

Der Wirt, wie er vernahm, daß er von Stuttgart käme, frug ihn nach dem und jenem: ob sie auch Hagelwetter drunten hätten? was jetzt die Gerste gelte? bis wann des Grafen Jüngste Hochzeit habe, von deren Schönheit man überall höre? Der Seppe diente ihm auf alles ordentlich, dagegen er sich übers Essen manches von hiesigen Geschichten, besonders von dem Wasserweib, erzählen ließ. Auch zeigte ihm der Wirt das alte Konterfei von ihr im Hausgang an der Stiege sowie das herrliche Kunstwerk, den Bauren-Schwaiger, an welchem er sich nicht satt sehn und hören konnte. »Das laßt mir«, sagte er, »doch einmal einen Dreher heißen, wo den gemacht hat!« – »Ja«, meinte Jörg, »die Arbeit ist auch nicht an einem Tag gemacht.« – »Will's glauben«, sagte der Seppe und seufzte, denn er gedachte an seine Dreherei.

Nachdem er nun gegessen und getrunken, frug er nach seiner Schuldigkeit. »Zween Batzen«, war die Antwort. Die legt' der Seppe auf den Tisch. »Bekämt Ihr sechzehn Kreuzer 'naus«, sagte der Wirt, zählte sie hin und steckte die zween Batzen ein, wie wenn es sich so in der ganzen Welt von selbst verstünde. Es war jedoch ein alter Brauch von der Frau Betha Zeiten her, den Reisenden auf solche Weise ihren Zehrpfennig zu reichen. Der Schuster lächelte, als wollt' er fragen, wie ist das gemeint? »Laßt's gut sein, lieber Gesell«, sprach Jörg Seysolff. »Kommt mit zu meinem Ehni*, der sagt Euch schon mehr.«

Er führte ihn durch einen langen Gang an eine stille Tür, die tat er vor ihm auf. Da saß in einer säuberlichen Stube ein gar schöner Greis von achtzig Jahr in einem Sorgenstuhl beim Fenster. Die Sonne fiel eben ein wenig zwischen den Vorhänglein durch auf einen kleinen Tisch, so vor ihm stand, schneeweiß gedeckt, darauf nichts weiter denn ein blauer Topf mit Wasser und noch etwas in einem Tuche war. Der Alte aber war der kleine Hans, Frau Bethas Herzblatt, gewesen. Er redete den Schuster in Gegenwart des Wirtes also an:

»Hab Gott zum Gruß auf dieser Schwell'!

Obwohl das Glück dein Reisgesell,

Ob solches mit dir in der Wiegen

Von Mutterleib aus kam zu liegen,

Ob du es in dem Gürtel hegest,

Ob du es in den Sohlen trägest.«

Hierauf behändigte der Greis dem Seppe das Tüchlein und sprach: »Du magst es einmal, wenn du Meister bist und gründest deinen eignen Herd, deiner Liebsten verehren, am Heiratstag*, dazu dir aller Segen werde.«

Was aber war im Tuch? Eine silberne Haube – man konnte nichts Schöneres sehen. Der Seppe wäre deckenhoch gesprungen, wenn sich's geschickt hätte.

Nun sagte ihm der Alte, wem er das Angebind verdanke, dann ließ er ihn Verschwiegenheit geloben, zu dessen sichtlicher Bekräftigung er einen Finger in dem Topfe netzen und auf den Mund legen mußte. Auch gab er dem Gesellen noch eine christliche Vermahnung, empfing den Dank desselben, und ganz am End' empfahl er ihm, wenn er ein Klötzlein Blei von ungefähr wo finde hier herum, so möge er solches daher in den Nonnenhof bringen. In seines Herzens Freude fast hätte er's versprochen, da fiel ihm zum Glück

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