Ungekürztes Werk "Mozart auf der Reise nach Prag" von Eduard Mörike (Seite 124)

die Freud',

Eine Bahre vor das Leid:

Meinem Hobel ist das alles gleich,

Der denkt, ich mach' den Meister reich,

Spän' gibt es allezeit.

Chor:

Seinem Hobel ist etc.

Dritter:

Meine Arbeit ist wohl fein,

Von Gold und Edelstein;

Allein das kriegt man bald gar satt,

Zumal man es nicht eigen hat:

Gebt mir so güldnen Wein!

Chor:

Ich glaub's ihm schon, das wird man satt etc.

Vierter:

Wen freut ein kecker Mut,

Nicht dau'rt sein junges Blut,

Ich schaff' ihm Wehre mannigfalt

Zu Scherz und Ernst, wid'r Feindsgewalt;

Mein Zeug ist allweg gut.

Chor:

Und gilt es wider Feindsgewalt,

Ein Spieß und Schwert uns auch gefallt.

Fünfter:

Der Schneider sitzt am Glas;

Vom Wirt nehm' ich die Maß',

Zu Hause schaff' ich gar nicht viel,

Meine Stich' mach' ich beim Kartenspiel,

Da weiß ich doch für was.

Chor:

Ei, Bruder Leipziger, beßr' Er sich,

Denn, sieht Er, das ist liederlich.

Sechster:

Meine Kunst, das glaubt gewiß,

Schreibt sich vom Paradies.

Von Mägdlein bin ich wertgeschätzt,

Ich hab' ja, was ihr Herz ergetzt,

Veiel und Röslein süß.

Chor:

Von Mägdlein ist er etc.

Jetzt kam die Reihe an den Schuster, und da derselbe sein Gesetzlein so aus froher Kehle sang, ward es dem Seppe um den Brustfleck weh, daß er sein gutes Handwerk lassen sollte. Dabei vermerkte er, wie ihn sein rechter Schuh zweimal ganz weidlich vor Vergnügen zwickte, so zwar, wie wenn er sagen wollte: »Hörst du, Narr?«

Erster:

Gebt meinem Stand die Ehr'!

Den Schuster braucht man sehr.

Zwar führ' ich nicht den besten Gout,

Allein wer macht euch Hochzeitschuh,

Wenn ich kein Schuster wär'?

Chor:

Zwar führt er nicht etc.

Dem Seppe quoll bereits das Wasser in den Augen; er sprach bei sich mit ingrimmigen Schmerzen: »Du bist kein Schuster und bist auch kein Dreher, du bist der wirtenbergisch Niemez*!« Und schwur in seiner Seele, hinfort zu bleiben, was er war.

Zweiter:

Und wer kein Pietist

Und auch kein Hundsfott ist,

Der mag sich wohl beim Wein erfreun –

Mein letzter Schluck soll ehrlich sein!

So meint's ein guter Christ.

Chor:

Stoßt an, Kameraden, stimmet ein:

Mein letzter Schluck soll ehrlich sein!

Hier stand der Seppe auf, trat hin zu den Kompanen und grüßte mit bescheidener Ansprache. Da machten sie ihm Platz an ihrem Tisch, tranken ihm zu und hörten, was für ein Landsmann er sei, welches Gewerbs, wohin er wollte. »Warum bleibt Ihr nicht hier?« sagte Vinzenz, der Schuster. »In Ulm ist es schön, und Arbeit findet Ihr dermal genug.« Er ließ sich nicht schwer überreden, und schon den andern Tag stand er bei einer jungen Witwe ein, von welcher ihm der Herbergvater sagte.

Als er das erstemal in deren Haus einging, empfing er eine Warnung: sein Rechter wollte nicht über die Schwelle; doch achtete er weiter nicht darauf.

Die Witwe war eine schöne Person, und wie der Seppe schon nicht leicht mehr eine ansah, daß ihm nicht einfiel, was der Pechschwitzer sagte: »Vielleicht begegnet dir dein Glück einmal auf Füßen«, so prüfte er auch jetzt, obwohl mit schüchternen Blicken, die stattliche Frau. Sie sah sehr blaß, nicht gar vergnügt und sparte ihre Worte gegen jedermann. Ihr Tun in allen Dingen war aber sanft und klug, so daß sie einen jungen Mann wohl locken konnte.

Es mag zuvor schon manchem so mit ihr gegangen sein, beim Seppe blieb es auch nicht aus, und desto minder, da ihm nach den

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