Interpretation "Die Welt von Gestern" von Stefan Zweig (Seite 3)

Das Abfassen einer Autobiographie bzw. der Memoiren ist einerseits ein Versuch seitens Zweigs, die eigene Vergangenheit für zukünftige Leser zu bewahren, andererseits soll hier auch die Gegenwart bewältigt werden. Der Autor schreibt das Werk auf einem fremden Kontinent, ohne die Hoffnung, seine Heimat wiederzusehen. Zu diesem Zeitpunkt dehnt sich die Herrschaft der Nationalsozialisten immer weiter aus und ein Ende des Krieges ist nicht absehbar. Zweig betont im Vorwort, Österreich sei „weggewaschen ohne Spur.“

Die Niederschrift des eigenen Lebens ist eine Handlungsweise, mit der viele Zeitgenossen Zweigs den Verlust ihrer Heimat und der eigenen Ideale zu bewältigen suchen. Auch Alfred Döblin, Heinrich Mann und viele andere schreiben während ihres Exils Autobiographien, um die dramatischen Ereignisse ihrer Zeit und die weitreichenden Auswirkungen auf das eigene Leben festzuhalten und ihre persönlichen Ansichten darüber mitzuteilen. Gerade in Zweigs Lebenserinnerungen wird deutlich, dass die Niederschrift der eigenen Vergangenheit auch dazu dienen kann, eine möglichst positive Bilanz aus den eigenen Erfahrungen zu ziehen und zu vermitteln. Beispielhaft dafür steht der als Sentenz formulierte letzte Satz der Welt von Gestern: „Aber jeder Schatten ist im letzten doch auch Kind des Lichts, und nur wer Helles und Dunkles, Krieg und Frieden, Aufstieg und Niedergang erfahren, nur der hat wahrhaft gelebt.“

Seiten