Literaturepoche Barock (Seite 2)

Derselbe Vanitas-Gedanke liegt Daniel Casper von Lohensteins blutrünstigen, alle erdenklichen Laster und Verirrungen darstellenden Stücken zugrunde (u. a. Sophonisbe, 1680), und nicht anders steht es mit dem größten Roman der Epoche, Hans Jakob Christoph von Grimmelshausens Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch (1669), dessen Held in eine Welt der Exzesse, der Brutalität und der Gier geworfen wird und darin Höhen und Abgründe selbst durchlebt um der Erkenntnis willen, daß alles Streben eitler Wahn ist.

Diese Grundhaltung förderte auch im hohen Maße die Entstehung von geistlicher Dichtung. Das Kirchenlied, das durch die Reformation – zunächst als wirkungsvolles Mittel im Konfessionsstreit – in Deutschland zentrale Bedeutung erlangt hatte, erreichte nun durch Paul Gerhardt (O Haupt voll Blut und Wunden), Georg Neumark (Wer nur den lieben Gott läßt walten), Johann Rist (O Ewigkeit, du Donnerwort), Paul Fleming und andere nun seinen Höhepunkt. Darüber hinaus schufen Gryphius, Dach, Angelus Silesius (eigtl. Johannes Scheffler) und Daniel von Czepko religiöse Lyrik von großer Tiefe und sprachlicher Schönheit.

Nicht nur in der geistlichen Dichtung ist das Grelle und Wuchernde, das die Barockzeit oft kennzeichnet, weitgehend aufgehoben. Vor allem in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts und vornehmlich im norddeutschen Raum neigt die Literatur weniger zum Höfisch-Repräsentativen, sondern trägt eher bürgerliche Züge, ist schlichter und strenger. Doch auch hier wirkt sich der Geist der Epoche aus. Was sich im Extremfall als Manieriertheit und Schnörkel manifestiert, ist auch in diesen weniger 'spektakulären' Barockdichtungen zu finden: der Wille zur Form, der im 16. Jahrhundert noch kaum ausgeprägt gewesen war.

Nun kommt es auf die artistische Disziplinierung an, auf die kunstvolle Anwendung poetischer Formen. Grundlegend und von weit über seine Zeit hinausreichender Bedeutung war das an der europäischen Renaissance und der klassischen Antike orientierte Werk Martin Opitz', der in vielerlei Hinsicht als 'Vater der deutschen Literatur' angesehen werden kann. Sein Œuvre umfaßt Sonette, Oden und Epigramme ebenso wie Dramen (Aristarchus, 1617) und Hirtendichtung (Schäfferey von der Nimfen Hercinie, 1630), die allesamt zu stilistischen und formalen Vorbildern wurden. Mit seinem Buch von der Deutschen Poeterey (1624) schrieb er die Poetik des 17. Jahrhunderts, in der er Gattungsabgrenzungen, Stilmittel und die Anwendung von Dichtung behandelte. Mit seiner Forderung nach einer akzentuierenden Metrik, durch die Wort- und Versakzent in Einklang gebracht wurden, schuf er die Voraussetzung für die Entfaltung der deutschen Lyrik.

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