Ausführliche Biographie Friedrich Dürrenmatt (1921 – 1990) (Seite 3)

Dürrenmatt beendet sein Studium ohne Abschluss und zieht 1946 nach Basel, wo er ein Jahr später die Schauspielerin Lotti Geissler heiratet. Er beschließt, sich als freier Schriftsteller zu versuchen. Sein erstes Theaterstück Es steht geschrieben wird 1947 unter entsetzten Pfiffen des Publikums in Zürich uraufgeführt. Dürrenmatt und Geissler bekommen in rascher Folge drei Kinder: Im August 1947 wird Sohn Peter geboren, in den darauf folgenden Jahren die Töchter Barbara und Ruth. Die Familie gerät schnell in finanzielle Schwierigkeiten, da Dürrenmatt mit seinem Schreiben kaum in der Lage ist, eine fünfköpfige Familie zu ernähren. Er bietet verschiedenen Verlagen und Zeitungen die Idee zu einer Kriminalgeschichte an – und erhält tatsächlich einen Vorschuss von 500 Franken. Das Ergebnis der Arbeit ist der Roman Der Richter und sein Henker, der von 1950 bis 1951 im Schweizerischen Beobachter als Fortsetzungsgeschichte veröffentlicht wird. Von der Romanausgabe werden anschließend weltweit mehr als eine Millionen Exemplare verkauft. Dürrenmatt wird international bekannt.

Hauptfigur in Der Richter und sein Henker ist der schwer magenkranke Kommissar Bärlach, dessen ganz eigenes Verständnis von Gerechtigkeit den Fortlauf der Handlung entscheidend prägt. Bärlach ahnt schnell, dass der Mord am erfolgreichen Polizeileutnant Schmied von einem neidischen Kollegen begangen worden ist: dem jungen Polizisten Tschanz. Statt Tschanz aber zu überführen, manipuliert ihn Bärlach dahingehend, dass er seinen alten Kontrahenten Gastmann erschießt, dem der Kommissar jahrelang seine Verbrechen nicht hat nachweisen können. Bärlach ist zufrieden, wenn auch wegen seiner Krankheit zum Tode verurteilt. Tschanz richtet sich am Ende des Romans selbst.

Die finanzielle Situation der Familie bessert sich. Dürrenmatt schreibt nach dem Erfolg des ersten Kriminalromans sofort eine Fortsetzung unter dem Titel Der Verdacht. Er schreibt Hörspiele, die vom Rundfunk produziert werden, und weitere Theaterstücke, von denen Die Ehe des Herrn Mississippi das bekannteste ist. Die Dürrenmatts beziehen ihr Haus in Neuenburg/Neuchâtel – eigentümlicherweise im französischsprachigen Teil der Schweiz, wo der Autor das Hochdeutsch, in dem er seine Werke verfasst, wiederum nicht als Alltagssprache benutzt.

Sein wohl berühmtestes Theaterstück wird 1956 am Schauspielhaus Zürich aufgeführt: die rabenschwarze Tragikkomödie Der Besuch der alten Dame. Darin kehrt die Milliardärin Claire Zachanassian nach 45 Jahren in ihre Heimatstadt Güllen zurück und bietet den Bewohnern einen makaberen Deal an. Sie will der heruntergewirtschafteten Gemeinde mit einer Finanzspritze von einer Milliarde Franken unter die Arme greifen, verlangt im Gegenzug aber den Tod ihres ehemaligen Liebhabers Alfred Ill. Die scheinheilige Gemeinde tut zunächst entsetzt, fordert dann jedoch den Tod Ills – und bekommt ihn auch. Wieder bleibt Dürrenmatt seinem Thema treu: Es gibt keine Gerechtigkeit, die Menschen sind – in diesem Fall verlockt vom möglichen Wirtschaftswunder – in Schuld verstrickt.

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