Ungekürztes Werk "Der Stechlin" von Theodor Fontane (Seite 27)

damals kaum) und so die Nacht durch, da konnte man Jesum Christum erkennen lernen. Ich sage das, wenn ich auch nicht mit dabei gewesen. Anno dreizehn, bei Großgörschen, das war für uns die richtige Waffenbrüderschaft; jetzt haben wir die Waffenbrüderschaft der Orgeldreher und der Mausefallenhändler. Ich bin für Rußland, für Nikolaus und Alexander. Preobraschensk, Semenow, Kaluga – da hat man die richtige Anlehnung; alles andere ist revolutionär, und was revolutionär ist, das wackelt.«

Kurz vor elf, der Mond war inzwischen unter, brach man auf, und die Wagen fuhren vor, erst der Katzlersche Kaleschwagen, dann die Gundermannsche Chaise; Martin aber, mit einer Stallaterne, leuchtete dem Pastor über Vorhof und Bohlenbrücke fort, bis an seine ganz im Dunkel liegende Pfarre. Gleich darauf zogen sich auch die drei Freunde zurück und stiegen, unter Vorantritt Engelkes, die große Treppe hinauf, bis auf den Podest. Hier trennten sich Rex und Czako von Woldemar, dessen Zimmer auf der andern Flurseite gelegen war.

Czako, sehr müde, war im Nu bettfertig. »Es bleibt also dabei, Rex, Sie logieren sich in dem Rokokozimmer ein – wir wollen es ohne weiteres so nennen –, und ich nehme das Himmelbett hier in Zimmer Nummer eins. Vielleicht wäre das Umgekehrte richtiger, aber Sie haben es so gewollt.«

Und während er noch so sprach, schob er seine Stiefel auf den Flur hinaus, schloß ab und legte sich nieder.

Rex war derweilen mit seiner Plaidrolle beschäftigt, aus der er allerlei Toilettengegenstände hervorholte. »Sie müssen mich entschuldigen, Czako, wenn ich mich noch eine Viertelstunde hier bei Ihnen aufhalte. Habe nämlich die Angewohnheit, mich abends zu rasieren, und der Toilettentisch mit Spiegel, ohne den es doch nicht gut geht, der steht nun mal hier an Ihrem statt an meinem Fenster. Ich muß also stören.«

»Mir sehr recht, trotz aller Müdigkeit. Nichts besser, als noch ein bißchen aus dem Bett heraus plaudern können. Und dabei so warm eingemummelt. Die Betten auf dem Lande sind überhaupt das beste.«

»Nun, Czako, das freut mich, daß Sie so bereit sind, mir Quartier zu gönnen. Aber wenn Sie noch eine Plauderei haben wollen, so müssen Sie sich die Hauptsache selber leisten. Ich schneide mich sonst, was dann hinterher immer ganz schändlich aussieht. Übrigens muß ich erst Schaum schlagen, und so lange wenigstens kann ich Ihnen Red’ und Antwort stehen. Ein Glück nebenher, daß hier, außer der kleinen Lampe, noch diese zwei Leuchter sind. Wenn ich nicht Licht von rechts und links habe, komme ich nicht von der Stelle; das eine wackelt zwar (alle diese dünnen Silberleuchter wackeln), aber ›wenn gute Reden sie begleiten ...‹ Also strengen Sie sich an. Wie fanden Sie die Gundermanns? Sonderbare Leute – haben Sie schon mal den Namen Gundermann gehört?«

»Ja. Aber das war in ›Waldmeisters Brautfahrt‹.«

»Richtig; so wirkt er auch. Und nun gar erst die Frau! Der einzige, der sich sehen lassen konnte, war dieser Katzler. Ein Karambolespieler ersten Ranges. Übrigens Eisernes Kreuz.«

»Und dann der Pastor.«

»Nun ja, auch der. Eine ganz gescheite Nummer. Aber doch ein wunderbarer Heiliger, wie die ganze Sippe, zu der er gehört. Er hält zu Stöcker, sprach es

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