Ungekürztes Werk "Der Stechlin" von Theodor Fontane (Seite 35)

Schulklasse gegenüber gelegenen Wohnstube geöffnet und bat die Herren, eintreten zu wollen. Sie nahmen auch jeder einen Stuhl in die Hand, aber stützten sich nur auf die Lehne, während das Gespräch zwischen Dubslav und dem Lehrer seinen Fortgang nahm. »Sagen Sie, Krippenstapel, wird es denn überhaupt gehen? Sie sollen uns natürlich alles zeigen, und die Schule ist noch nicht aus.«

»Oh, gewiß geht es, Herr von Stechlin.«

»Ja, hören Sie, wenn der Hirt fehlt, rebelliert die Herde ...«

»Nicht zu befürchten, Herr von Stechlin. Da war mal ein Burgemeister, achtundvierziger Zeit, Namen will ich lieber nicht nennen, der sagte: ›Wenn ich meinen Stiefel ans Fenster stelle, regier’ ich die ganze Stadt.‹ Das war mein Mann.«

»Richtig; den hab’ ich auch noch gekannt. Ja, der verstand es. Überhaupt immer in der Furcht des Herrn. Dann geht alles am besten. Der Hauptregente bleibt doch der Krückstock.«

»Der Krückstock«, bestätigte Krippenstapel. »Und dann freilich die Belohnungen.«

»Belohnungen?« lachte Dubslav. »Aber Krippenstapel, wo nehmen Sie denn die her?«

»Oh, die hat’s schon, Herr von Stechlin. Aber immer mit Verschiedenheiten. Ist es was Kleines, so kriegt der Junge bloß ’nen Katzenkopp weniger, ist es aber was Großes, dann kriegt er ’ne Wabe.«

»’ne Wabe? Richtig. Davon haben wir schon heute früh beim Frühstück gesprochen, als Ihr Honig auf den Tisch kam. Ich habe den Herren dabei gesagt, Sie wären der beste Imker in der ganzen Grafschaft.«

»Zuviel Ehre, Herr von Stechlin. Aber das darf ich sagen, ich versteh’ es. Und wenn die Herren mir folgen wollen, um das Volk bei der Arbeit zu sehen – es ist jetzt gerade beste Zeit.«

Alle waren einverstanden, und so gingen sie denn durch den Flur bis in Hof und Garten hinaus und nahmen hier Stellung vor einem offenen Etageschuppen, drin die Stöcke standen, nicht altmodische Bienenkörbe, sondern richtige Bienenhäuser, nach der Dzierzonschen Methode, wo man alles herausnehmen und jeden Augenblick in das Innere bequem hineingucken kann. Krippenstapel zeigte denn auch alles, und Rex und Czako waren ganz aufrichtig interessiert.

»Nun aber, Herr Lehrer Krippenstapel«, sagte Czako, »nun bitte, geben Sie uns auch einen Kommentar. Wie is das eigentlich mit den Bienen? Es soll ja was ganz Besondres damit sein.«

»Ist es auch, Herr Hauptmann. Das Bienenleben ist eigentlich feiner und vornehmer als das Menschenleben.«

»Feiner, das kann ich mir schon denken; aber auch vornehmer? Was Vornehmeres als den Menschen gibt es nicht. Indessen, wie’s damit auch sei, ›ja‹ oder ›nein‹, Sie machen einen nur immer neugieriger. Ich habe mal gehört, die Bienen sollen sich auf das Staatliche so gut verstehen; beinah vorbildlich.«

»So ist es auch, Herr Hauptmann. Und eines ist ja da, worüber sich als Thema vielleicht reden läßt. Da sind nämlich in jedem Stock drei Gruppen oder Klassen. In Klasse eins haben wir die Königin, in Klasse zwei haben wir die Arbeitsbienen (die, was für alles Arbeitsvolk wohl eigentlich immer das beste ist, geschlechtslos sind), und in Klasse drei haben wir die Drohnen; die sind männlich, worin zugleich ihr eigentlicher Beruf besteht. Denn im übrigen tun sie gar nichts.«

»Interessanter Staat. Gefällt mir. Aber immer noch nicht vorbildlich genug.«

»Und nun bedenken Sie,

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