Ungekürztes Werk "Der Stechlin" von Theodor Fontane (Seite 39)
gut, aber doch sozusagen unterm Stand und sehen immer aus wie’n Bauerngarten. Und dann mache dich in den Keller und hol uns was Ordentliches herauf. Du weißt ja, was ich zum Frühstück am liebsten habe. Vielleicht hat Hauptmann Czako denselben Geschmack.«
»Ich weiß noch nicht, um was es sich handelt, Herr von Stechlin; aber ich möchte mich für Übereinstimmung schon jetzt verbürgen.«
Inzwischen waren auch Woldemar, Rex und der Pastor vom Gartensalon her auf die Veranda hinausgetreten, und Dubslav ging ihnen entgegen. »Guten Tag, Pastor. Nun, das ist recht. Ich dachte schon, Woldemar würde von Ihnen annektiert werden.«
»Aber, Herr von Stechlin ... Ihre Gäste ... Und Woldemars Freunde.«
»Betonen Sie das nicht so, Lorenzen. Es gibt Umgangsformen und Artigkeitsgesetze. Gewiß. Aber das alles reicht nicht weit. Was der Mensch am ehesten durchbricht, das sind gerade solche Formen. Und wer sie nicht durchbricht, der kann einem auch leid tun. Wie geht es denn in der Ehe? Haben Sie schon einen Mann gesehen, der die Formen wahrt, wenn seine Frau ihn ärgert? Ich nicht. Leidenschaft ist immer siegreich.«
»Ja, Leidenschaft. Aber Woldemar und ich ...«
»Sind auch in Leidenschaft. Sie haben die Freundschaftsleidenschaft, Orest und Pylades – so was hat es immer gegeben. Und dann, was noch viel mehr sagen will, Sie haben nebenher die Konspirationsleidenschaft ...«
»Aber, Herr von Stechlin.«
»Nein, nicht die Konspirationsleidenschaft, ich nehm’ es zurück; aber Sie haben dafür was anderes, nämlich die Weltverbesserungsleidenschaft. Und das ist eine der größten, die es gibt. Und wenn solche zwei Weltverbesserer zusammen sind, da können Rex und Czako warten, und da kann selbst ein warmes Frühstück warten. Sagt man noch Déjeuner à la fourchette?«
»Kaum, Papa. Wie du weißt, es ist jetzt alles englisch.«
»Natürlich. Die Franzosen sind abgesetzt. Und ist auch recht gut so, wiewohl unsre Vettern drüben erst recht nichts taugen. Selbst ist der Mann. Aber ich glaube, das Frühstück wartet.«
Wirklich, es war so. Während die Herren zu zwei und zwei an der Buchsbaumwandung auf- und abschritten, hatte Engelke den Tisch arrangiert, an den jetzt Wirt und Gäste herantraten.
Es war eine längliche Tafel, deren dem Rundell zugekehrte Längsseite man frei gelassen hatte, was allen einen Überblick über das hübsche Gartenbild gestattete. Dubslav, das Arrangement musternd, nickte Engelke zu, zum Zeichen, daß er’s getroffen habe. Dann aber nahm er die Mittelschüssel und sagte, während er sie Rex reichte: »Toujours perdrix. Das heißt, es sind eigentlich Krammetsvögel, wie schon gestern abend. Aber wer weiß, wie Krammetsvögel auf französisch heißen? Ich wenigstens weiß es nicht. Und ich glaube, nicht einmal Tucheband wird uns helfen können.«
Ein allgemeines verlegenes Schweigen bestätigte Dubslavs Vermutung über französische Vokabelkenntnis.
»Wir kamen übrigens«, fuhr dieser fort, »dicht vor Globsow durch einen Dohnenstrich, überall hingen noch viele Krammetsvögel in den Schleifen, was mir auffiel und was ich doch, wie so vieles Gute, meinem alten Krippenstapel zuschreiben muß. Es wäre doch ’ne Kleinigkeit für die Jungens, den Dohnenstrich auszuplündern. Aber so was kommt nicht vor. Was meinen Sie, Lorenzen?«
»Ich freue mich, daß es ist, wie es ist, und daß die Dohnenstriche nicht ausgeplündert werden. Aber ich glaube, Herr von Stechlin, Sie