Ungekürztes Werk "Unterm Birnbaum" von Theodor Fontane (Seite 13)
auch freilich mit Unrecht), den ältesten Kantorssohn – einen wegen Demagogie relegierten Tunichtgut, der nun bei dem Vater auf der Bärenhaut lag – zu Spottversen auf die Tschechiner und ganz besonders auf die gute Frau Quaas angestiftet zu haben. Es war eine lange Reimerei, drin jeder was wegkriegte. Der erste Vers aber lautete:
Woytasch hat den Schulzen-Stock,
Kunicke ´nen langen Rock.
Mietzel ist ein Hobelspan
Quaas hat keinem was getan,
Nicht mal seiner eignen Frau,
Kätzchen weiß es ganz genau.
Miau, miau.
Dergleichen konnte nicht verziehen werden, am wenigsten solcher Bettelperson wie dieser hergelaufenen Frau Hradscheck, die nun mal für die Schuldige galt. Das stand bei Kätzchen fest.
»Ich wette«, sagte sie zur Mietzel, als diese denselben Abend noch, an dem die Hradscheck abgereist war, auf der Ölmühle vorsprach, »ich wette, daß sie mit einem Samthut und einer Straußenfeder wiederkommt. Sie kann sich nie genug tun, diese zierige Person, trotz ihrer vierzig. Und alles bloß, weil sie ›Swein‹ sagt und nicht ›switzen‹ kann, auch wenn sie drei Kannen Fliedertee getrunken. Sie sagt aber nicht Fliedertee, sie sagt Holunder. Und das soll denn was sein. Ach, liebe Mietzel, es ist zum Lachen.«
»Ja, ja!« stimmte die Mietzel ein, schien aber geneigt, die größere Schuld auf Hradscheck zu schieben, der sich einbilde, Wunder was Feines geheiratet zu haben. Und sei doch bloß ´ne Kattolsche gewesen und vielleicht auch ´ne Springerin; wenigstens habe sie so was munkeln hören. »Und überhaupt, der gute Hradscheck«, fuhr sie fort, »er soll doch nur still sein. In Neu-Lewin reden sie nicht viel Gutes von ihm. Die Rese hat er sitzen lassen. Und mit eins war sie weg, und keiner weiß wie und warum. Und war auch von Ausgraben die Rede, bis unser alter Woytasch ´rüber fuhr und alles wieder still machte. Natürlich, er will keinen Lärm haben und is ´ne Suse. Zu Hause darf er ohnehin nicht reden. Oder ob er der Hradschecken nach den Augen sieht? Sie hat so was. Und ich sage bloß, wenn wir alles hergelaufene Volk ins Dorf kriegen, so haben wir nächstens auch die Zigeuner hier, und Frau Woytasch kann sich dann nach ´nem Schwiegersohn umsehn. Zeit wird es mit der Rike; dreißig is sie ja schon.«
So ging gleich am ersten Tage das Geklatsch. Als aber eine halbe Woche später die Hradscheck gerade so wieder kam, wie sie gegangen war, das heißt ohne Samthut und Straußenfeder, und noch ebenso grüßte, ja womöglich noch artiger als vorher, da trat ein Umschlag ein, und man fing an, sie gelten zu lassen und sich einzureden, daß die Erbschaft sie verändert habe.
»Man sieht doch gleich«, sagte die Quaas, »daß sie jetzt was haben. Sonst sollte das immer was sein, und sie logen einen grausam an, und war eigentlich nicht zum Aushalten. Aber gestern war sie anders und sagte ganz klein und bescheiden, daß es nur wenig sei.«
»Wie viel mag es denn wohl sein?« unterbrach hier die Mietzel. »Ich denke mir so tausend Taler.«
»O mehr, viel mehr. Wenn es nicht mehr wäre, wäre sie nicht so; da zierte sie sich ruhig weiter. Nein, liebe Mietzel, da hat