Ungekürztes Werk "Faust 1" von Johann Wolfgang Goethe (Seite 55)

wohl.

Es ist ein Zauberbild, ist leblos, ein Idol.

Ihm zu begegnen, ist nicht gut:

Vom starren Blick erstarrt des Menschen Blut,

Und er wird fast in Stein verkehrt;

Von der Meduse hast du ja gehört.

FAUST. Fürwahr, es sind die Augen eines Toten,

Die eine liebende Hand nicht schloß!

Das ist die Brust, die Gretchen mir geboten,

Das ist der süße Leib, den ich genoß!

MEPHISTOPHELES. Das ist die Zauberei, du leicht verführter Tor!

Denn jedem kommt sie wie sein Liebchen vor.

FAUST. Welch eine Wonne! welch ein Leiden!

Ich kann von diesem Blick nicht scheiden.

Wie sonderbar muß diesen schönen Hals

Ein einzig-rotes Schnürchen schmücken,

Nicht breiter als ein Messerrücken!

MEPHISTOPHELES. Ganz recht! ich seh es ebenfalls.

Sie kann das Haupt auch unterm Arme tragen;

Denn Perseus hats ihr abgeschlagen.

Nur immer diese Lust zum Wahn! –

Komm doch das Hügelchen heran:

Hier ists so lustig wie im Prater,

Und hat man mirs nicht angetan,

So seh ich wahrlich ein Theater!

Was gibts denn da?

SERVIBILIS.             Gleich fängt man wieder an:

Ein neues Stück, das letzte Stück von sieben;

So viel zu geben, ist allhier der Brauch.

Ein Dilettant hat es geschrieben,

Und Dilettanten spielens auch.

Verzeiht, ihr Herrn, wenn ich verschwinde:

Mich dilettierts, den Vorhang aufzuziehn.

MEPHISTOPHELES. Wenn ich euch auf dem Blocksberg finde,

Das find ich gut; denn da gehört ihr hin!

Walpurgisnachtstraum

oder

Oberons und Titanias goldne Hochzeit

 

Intermezzo

 

THEATERMEISTER. Heute ruhen wir einmal,

Miedings wackre Söhne:

Alter Berg und feuchtes Tal,

Das ist die ganze Szene!

HEROLD. Daß die Hochzeit golden sei,

Solln funfzig Jahr sein vorüber;

Aber ist der Streit vorbei,

Das Golden ist mir lieber.

OBERON. Seid ihr, Geister, wo ich bin,

So zeigts in diesen Stunden!

König und die Königin,

Sie sind aufs neu verbunden.

PUCK. Kommt der Puck und dreht sich quer

Und schleift den Fuß im Reihen;

Hundert kommen hinterher,

Sich auch mit ihm zu freuen.

ARIEL. Ariel bewegt den Sang

In himmlisch-reinen Tönen;

Viele Fratzen lockt sein Klang,

Doch lockt er auch die Schönen.

OBERON. Gatten, die sich vertragen wollen,

Lernens von uns beiden!

Wenn sich zweie lieben sollen,

Braucht man sie nur zu scheiden.

TITANIA. Schmollt der Mann und grillt die Frau,

So faßt sie nur behende,

Führt mir nach dem Mittag Sie,

Und Ihn an Nordens Ende!

ORCHESTER TUTTI Fortissimo.

Fliegenschnauz und Mückennas

Mit ihren Anverwandten,

Frosch im Laub und Grill im Gras,

Das sind die Musikanten!

SOLO. Seht, da kommt der Dudelsack

Es ist die Seifenblase.

Hört den Schneckeschnickeschnack

Durch seine stumpfe Nase!

GEIST, der sich erst bildet. Spinnenfuß und Krötenbauch

Und Flügelchen dem Wichtchen!

Zwar ein Tierchen gibt es nicht;

Doch gibt es ein Gedichtchen.

EIN PÄRCHEN. Kleiner Schritt und hoher Sprung

Durch Honigtau und Düfte!

Zwar du trippelst mir genung;

Doch gehts nicht in die Lüfte.

NEUGIERIGER REISENDER. Ist das nicht Maskeradenspott?

Soll ich den Augen trauen,

Oberon, den schönen Gott,

Auch heute hier zu schauen?

ORTHODOX. Keine Klauen, keinen Schwanz!

Doch bleibt es außer Zweifel:

So wie die Götter Griechenlands,

So ist auch er ein Teufel.

NORDISCHER KÜNSTLER. Was ich ergreife, das ist heut

Fürwahr nur skizzenweise;

Doch ich bereite

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