Ungekürztes Werk "Faust 2" von Johann Wolfgang Goethe (Seite 12)

ein künftiger Sponsierer,

Recht so von Haus aus ein Verführer.

KNABE LENKER. Das läßt sich hören! Fahre fort,

Erfinde dir des Rätsels heitres Wort!

HEROLD. Der Augen schwarzer Blitz, die Nacht der Locken,

Erheitert von juwelnem Band!

Und welch ein zierliches Gewand

Fließt dir von Schultern zu den Socken

Mit Purpursaum und Glitzertand!

Man könnte dich ein Mädchen schelten;

Doch würdest du, zu Wohl und Weh,

Auch jetzo schon bei Mädchen gelten:

Sie lehrten dich das ABC.

KNABE LENKER. Und dieser, der als Prachtgebilde

Hier auf dem Wagenthrone prangt?

HEROLD. Er scheint ein König, reich und milde;

Wohl dem, der seine Gunst erlangt!

Er hat nichts weiter zu erstreben;

Wos irgend fehlte, späht sein Blick,

Und seine reine Lust zu geben

Ist größer als Besitz und Glück.

KNABE LENKER. Hiebei darfst du nicht stehenbleiben,

Du mußt ihn recht genau beschreiben.

HEROLD. Das Würdige beschreibt sich nicht.

Doch das gesunde Mondgesicht,

Ein voller Mund, erblühte Wangen,

Die unterm Schmuck des Turbans prangen,

Im Faltenkleid ein reich Behagen!

Was soll ich von dem Anstand sagen?

Als Herrscher scheint er mir bekannt.

KNABE LENKER. Plutus, des Reichtums Gott, genannt!

Derselbe kommt in Prunk daher:

Der hohe Kaiser wünscht ihn sehr.

HEROLD. Sag von dir selber auch das Was und Wie!

KNABE LENKER. Bin die Verschwendung, bin die Poesie,

Bin der Poet, der sich vollendet,

Wenn er sein eigenst Gut verschwendet.

Auch ich bin unermeßlich reich

Und schätze mich dem Plutus gleich,

Beleb und schmück ihm Tanz und Schmaus;

Das, was ihm fehlt, das teil ich aus.

HEROLD. Das Prahlen steht dir gar zu schön;

Doch laß uns deine Künste sehn!

KNABE LENKER. Hier seht mich nur ein Schnippchen schlagen,

Schon glänzts und glitzerts um den Wagen:

Da springt eine Perlenschnur hervor!

Immerfort umherschnippend.

Nehmt goldne Spange für Hals und Ohr!

Auch Kamm und Krönchen ohne Fehl,

In Ringen köstlichstes Juwel!

Auch Flämmchen spend ich dann und wann,

Erwartend, wo es zünden kann.

HEROLD. Wie greift und hascht die liebe Menge!

Fast kommt der Geber ins Gedränge.

Kleinode schnippt er wie ein Traum,

Und alles hascht im weiten Raum.

Doch da erleb ich neue Pfiffe:

Was einer noch so emsig griffe,

Des hat er wirklich schlechten Lohn –

Die Gabe flattert ihm davon.

Es löst sich auf das Perlenband,

Ihm krabbeln Käfer in der Hand;

Er wirft sie weg, der arme Tropf,

Und sie umsummen ihm den Kopf.

Die andern statt solider Dinge

Erhaschen frevle Schmetterlinge.

Wie doch der Schelm so viel verheißt

Und nur verleiht, was golden gleißt!

KNABE LENKER. Zwar Masken, merk ich, weißt du zu verkünden,

Allein der Schale Wesen zu ergründen,

Sind Herolds Hofgeschäfte nicht;

Das fordert schärferes Gesicht.

Doch hüt ich mich vor jeder Fehde;

An dich, Gebieter, wend ich Frag und Rede.

Zu Plutus gewendet.

Hast du mir nicht die Windesbraut

Des Viergespannes anvertraut?

Lenk ich nicht glücklich, wie du leitest?

Bin ich nicht da, wohin du deutest?

Und wußt ich nicht auf kühnen Schwingen

Für dich die Palme zu erringen?

Wie oft ich auch für dich gefochten,

Mir ist es jederzeit geglückt:

Wenn Lorbeer deine Stirne schmückt,

Hab ich ihn

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