Ungekürztes Werk "Faust 2" von Johann Wolfgang Goethe (Seite 10)

style="margin-left:11.35pt;">Hat einer unter euch ein Liebeschätzchen,

Wir werden ihm so lang die Ohren krauen,

Bis wir ihm sagen dürfen, Aug in Auge:

Daß sie zugleich auch dem und jenem winke,

Im Kopfe dumm, im Rücken krumm, und hinke

Und, wenn sie seine Braut ist, gar nichts tauge.

So wissen wir die Braut auch zu bedrängen:

Es hat sogar der Freund vor wenig Wochen

Verächtliches von ihr zu der gesprochen! –

Versöhnt man sich, so bleibt doch etwas hängen.

MEGÄRA. Das ist nur Spaß! denn sind sie erst verbunden,

Ich nehm es auf und weiß in allen Fällen

Das schönste Glück durch Grille zu vergällen;

Der Mensch ist ungleich, ungleich sind die Stunden,

Und niemand hat Erwünschtes fest in Armen,

Der sich nicht nach Erwünschterem törig sehnte

Vom höchsten Glück, woran er sich gewöhnte;

Die Sonne flieht er, will den Frost erwarmen.

Mit diesem allen weiß ich zu gebaren

Und führe her Asmondi, den Getreuen,

Zu rechter Zeit Unseliges auszustreuen,

Verderbe so das Menschenvolk in Paaren.

TISIPHONE. Gift und Dolch statt böser Zungen

Misch ich, schärf ich dem Verräter;

Liebst du andre: früher, später

Hat Verderben dich durchdrungen,

Muß der Augenblicke Süßtes

Sich zu Gischt und Galle wandeln!

Hier kein Markten, hier kein Handeln:

Wie er es beging, er büßt es.

Singe keiner vom Vergeben!

Felsen klag ich meine Sache,

Echo, horch! erwidert: Rache!

Und wer wechselt, soll nicht leben.

HEROLD. Belieb es euch, zur Seite wegzuweichen!

Denn was jetzt kommt, ist nicht von euresgleichen.

Ihr seht, wie sich ein Berg herangedrängt,

Mit bunten Teppichen die Weichen stolz behängt,

Ein Haupt mit langen Zähnen, Schlangenrüssel,

Geheimnisvoll, doch zeig ich euch den Schlüssel.

Im Nacken sitzt ihm zierlich-zarte Frau,

Mit feinem Stäbchen lenkt sie ihn genau;

Die andre, droben stehend herrlich-hehr,

Umgibt ein Glanz, der blendet mich zu sehr.

Zur Seite gehn gekettet edle Frauen,

Die eine bang, die andre froh zu schauen;

Die eine wünscht, die andre fühlt sich frei.

Verkünde jede, wer sie sei!

FURCHT. Dunstige Fackeln, Lampen, Lichter

Dämmern durchs verworrne Fest;

Zwischen diese Truggesichter

Bannt mich, ach! die Kette fest.

Fort, ihr lächerlichen Lacher!

Euer Grinsen gibt Verdacht;

Alle meine Widersacher

Drängen mich in dieser Nacht.

Hier: ein Freund ist Feind geworden,

Seine Maske kenn ich schon!

Jener wollte mich ermorden,

Nun, entdeckt, schleicht er davon.

Ach, wie gern in jeder Richtung

Flöh ich zu der Welt hinaus!

Doch von drüben droht Vernichtung,

Hält mich zwischen Dunst und Graus.

HOFFNUNG. Seid gegrüßt, ihr lieben Schwestern!

Habt ihr euch schon heut und gestern

In Vermummungen gefallen,

Weiß ich doch gewiß von allen:

Morgen wollt ihr euch enthüllen!

Und wenn wir bei Fackelscheine

Uns nicht sonderlich behagen,

Werden wir in heitern Tagen

Ganz nach unserm eignen Willen,

Bald gesellig, bald alleine,

Frei durch schöne Fluren wandeln,

Nach Belieben ruhn und handeln

Und in sorgenfreiem Leben

Nie entbehren, stets erstreben.

Überall willkommne Gäste,

Treten wir getrost hinein:

Sicherlich, es muß das Beste

Irgendwo zu finden sein.

KLUGHEIT. Zwei der größten Menschenfeinde,

Furcht und Hoffnung, angekettet,

Halt ich ab von der Gemeinde –

Platz gemacht! – ihr seid

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