Ungekürztes Werk "Faust 2" von Johann Wolfgang Goethe (Seite 21)

Nichts hoff ich das All zu finden.

MEPHISTOPHELES. Ich rühme dich, eh du dich von mir trennst

Und sehe wohl, daß du den Teufel kennst.

Hier diesen Schlüssel nimm!

FAUST.                                  Das kleine Ding!

MEPHISTOPHELES. Erst faß ihn an und schätz ihn nicht gering!

FAUST. Er wächst in meiner Hand! er leuchtet! blitzt!

MEPHISTOPHELES. Merkst du nun bald, was man an ihm besitzt?

Der Schlüssel wird die rechte Stelle wittern;

Folg ihm hinab: er führt dich zu den Müttern!

FAUST schaudernd.

Den Müttern! Triffts mich immer wie ein Schlag!

Was ist das Wort, das ich nicht hören mag?

MEPHISTOPHELES. Bist du beschränkt, daß neues Wort dich stört?

Willst du nur hören, was du schon gehört?

Dich störe nichts, wie es auch weiter klinge,

Schon längst gewohnt der wunderbarsten Dinge.

FAUST. Doch im Erstarren such ich nicht mein Heil:

Das Schaudern ist der Menschheit bestes Teil;

Wie auch die Welt ihm das Gefühl verteure,

Ergriffen, fühlt er tief das Ungeheure.

MEPHISTOPHELES. Versinke denn! Ich könnt auch sagen: steige!

's ist einerlei. Entfliehe dem Entstandnen

In der Gebilde losgebundne Reiche!

Ergötze dich am längst nicht mehr Vorhandnen!

Wie Wolkenzüge schlingt sich das Getreibe:

Den Schlüssel schwinge, halte sie vom Leibe!

FAUST begeistert.

Wohl! fest ihn fassend, fühl ich neue Stärke,

Die Brust erweitert, hin zum großen Werke.

MEPHISTOPHELES. Ein glühnder Dreifuß tut dir endlich kund,

Du seist im tiefsten, allertiefsten Grund.

Bei seinem Schein wirst du die Mütter sehn:

Die einen sitzen, andre stehn und gehn,

Wies eben kommt. Gestaltung, Umgestaltung

Des ewigen Sinnes ewige Unterhaltung.

Umschwebt von Bildern aller Kreatur,

Sie sehn dich nicht, denn Schemen sehn sie nur.

Da faß ein Herz, denn die Gefahr ist groß,

Und gehe grad auf jenen Dreifuß los,

Berühr ihn mit dem Schlüssel!

Faust macht eine entschieden gebietende Attitüde mit dem Schlüssel.

MEPHISTOPHELES ihn betrachtend. So ists recht!

Er schließt sich an, er folgt als treuer Knecht;

Gelassen steigst du, dich erhebt das Glück,

Und eh sies merken, bist mit ihm zurück.

Und hast du ihn einmal hierher gebracht,

So rufst du Held und Heldin aus der Nacht,

Der erste, der sich jener Tat erdreistet:

Sie ist getan, und du hast es geleistet.

Dann muß fortan nach magischem Behandeln

Der Weihrauchsnebel sich in Götter wandeln.

FAUST. Und nun was jetzt?

MEPHISTOPHELES.           Dein Wesen strebe nieder!

Versinke stampfend, stampfend steigst du wieder.

Faust stampft und versinkt.

MEPHISTOPHELES.

Wenn ihm der Schlüssel nur zum besten frommt!

Neugierig bin ich, ob er wiederkommt.

 

Hell erleuchtete Säle

 

Kaiser und Fürsten, Hof in Bewegung.

KÄMMERER zu Mephistopheles.

Ihr seid uns noch die Geisterszene schuldig;

Macht euch daran! der Herr ist ungeduldig.

MARSCHALK. Soeben fragt der Gnädigste darnach;

Ihr, zaudert nicht der Majestät zur Schmach!

MEPHISTOPHELES.

Ist mein Kumpan doch deshalb weggegangen;

Er weiß schon, wie es anzufangen,

Und laboriert verschlossen-still,

Muß ganz besonders sich befleißen,

Denn wer den Schatz, das Schöne, heben will,

Bedarf der höchsten Kunst: Magie der Weisen.

MARSCHALK. Was ihr für Künste braucht, ist einerlei:

Der Kaiser will, daß alles fertig sei.

BLONDINE zu Mephistopheles.

Ein Wort, mein Herr! Ihr seht ein klar Gesicht,

Jedoch so ists im leidigen Sommer nicht!

Da sprossen hundert bräunlich-rote Flecken,

Die

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