Ungekürztes Werk "Faust 2" von Johann Wolfgang Goethe (Seite 78)
style="margin-left:11.35pt;">Schon klingt das Tosen weit und breit.
Zuletzt, bei allen Teufelsfesten,
Wirkt der Parteihaß doch zum besten,
Bis in den allerletzten Graus,
Schallt wider-widerwärtig panisch,
Mitunter grell und scharf satanisch,
Erschreckend in das Tal hinaus.
Kriegstumult im Orchester, zuletzt übergehend in militärisch-heitre
Weisen.
Des Gegenkaisers Zelt
Thron, reiche Umgebung.
Habebald. Eilebeute.
EILEBEUTE. So sind wir doch die ersten hier!
HABEBALD. Kein Rabe fliegt so schnell als wir.
EILEBEUTE. O! welch ein Schatz liegt hier zuhauf!
Wo fang ich an? wo hör ich auf?
HABEBALD. Steht doch der ganze Raum so voll!
Weiß nicht, wozu ich greifen soll.
EILEBEUTE. Der Teppich wär mir eben recht!
Mein Lager ist oft gar zu schlecht.
HABEBALD. Hier hängt von Stahl ein Morgenstern!
Dergleichen hätt ich lange gern.
EILEBEUTE. Den roten Mantel, goldgesäumt,
So etwas hatt ich mir geträumt.
HABEBALD die Wafffe nehmend. Damit ist es gar bald getan:
Man schlägt ihn tot und geht voran. –
Du hast so viel schon aufgepackt
Und doch nichts Rechtes eingesackt.
Den Plunder laß an seinem Ort:
Nehm eines dieser Kistchen fort!
Dies ist des Heers beschiedner Sold,
In seinem Bauche lauter Gold.
EILEBEUTE. Das hat ein mörderisch Gewicht!
Ich heb es nicht, ich trag es nicht.
HABEBALD. Geschwinde duck dich! mußt dich bücken!
Ich hucke dirs auf den starken Rücken.
EILEBEUTE. O weh! O weh, nun ists vorbei!
Die Last bricht mir das Kreuz entzwei.
Das Kistchen stürzt und springt auf.
HABEBALD. Da liegt das rote Gold zuhauf:
Geschwinde zu und raff es auf!
EILEBEUTE kauert nieder. Geschwinde nur zum Schoß hinein!
Noch immer wirds zur Gnüge sein.
HABEBALD. Und so genug! und eile doch! Sie steht auf.
O weh, die Schürze hat ein Loch!
Wohin du gehst und wo du stehst,
Verschwenderisch die Schätze säst.
TRABANTEN unseres Kaisers.
Was schafft ihr hier am heiligen Platz?
Was kramt ihr in dem Kaiserschatz?
HABEBALD. Wir trugen unsre Glieder feil
Und holen unser Beuteteil.
In Feindeszelten ists der Brauch,
Und wir, Soldaten sind wir auch!
TRABANTEN. Das passet nicht in unsern Kreis:
Zugleich Soldat und Diebsgeschmeiß!
Und wer sich unserm Kaiser naht,
Der sei ein redlicher Soldat!
HABEBALD. Die Redlichkeit, die kennt man schon,
Sie heißet: Kontribution.
Ihr alle seid auf gleichem Fuß:
»Gib her!« das ist der Handwerksgruß.
Zu Eilebeute.
Mach fort und schleppe, was du hast!
Hier sind wir nicht willkommner Gast. Ab.
ERSTER TRABANT. Sag, warum gabst du nicht sogleich
Dem frechen Kerl einen Backenstreich?
ZWEITER. Ich weiß nicht, mir verging die Kraft:
Sie waren so gespensterhaft.
DRITTER. Mir ward es vor den Augen schlecht:
Da flimmert es, ich sah nicht recht.
VIERTER. Wie ich es nicht zu sagen weiß:
Es war den ganzen Tag so heiß,
So bänglich, so beklommen-schwül!
Der eine stand, der andre fiel,
Man tappte hin und schlug zugleich,
Der Gegner fiel vor jedem Streich;
Vor Augen schwebt es wie ein Flor,
Dann summts und sausts und zischt im Ohr.
Das ging so fort, nun sind wir da
Und wissen selbst nicht, wies geschah.
Kaiser mit vier Fürsten treten auf. Die Trabanten entfernen sich.
KAISER.
Es sei nun, wie ihm sei! uns ist die Schlacht gewonnen,
Des Feinds zerstreute Flucht im flachen Feld zerronnen.